Vorstoß

Palästinenser weisen Trumps Nahost-Plan scharf zurück

Führende Hamas-Vertreter werten Trumps "Deal des Jahrhunderts" als feindlichen Deal
Führende Hamas-Vertreter werten Trumps "Deal des Jahrhunderts" als feindlichen DealREUTERS
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US-Präsident Donald Trump hat seinen mit Spannung erwarteten Plan für eine Beilegung des Nahost-Konflikts vorgestellt. Die Palästinenser wollen ihn bekämpfen. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres pocht auf eine Zwei-Staaten-Lösung.

Der am Dienstag vorgestellte Plan werde "im Mülleimer der Geschichte landen", sagte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas im palästinensischen Fernsehen. "Nachdem wir all diesen Müll gehört haben, sagen wir erneut 'Nein' zum 'Deal des Jahrhunderts'."

Die im Gazastreifen herrschende islamistische Hamas bezeichnete den Plan als Unsinn. "Der "Deal des Jahrhunderts" ist Nonsens, es ist ein feindlicher Deal", sagte Khalil al-Haya, ein führender Hamas-Vertreter. "Die Palästinenser werden alle möglichen Anstrengungen mit allen Mitteln aufwenden, um ihn zu bekämpfen, bis er gescheitert ist."

Trump hatte den Plan im Weißen Haus in Anwesenheit des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu vorgestellt. Darin wird den Palästinensern ein eigener Staat in Aussicht gestellt - allerdings unter erheblichen Zugeständnissen. Der Plan solle zu einer "realistischen Zwei-Staaten-Lösung" für Israel und die Palästinenser führen, sagte Trump. Netanyahu sagte an die Adresse Trumps: "Ihr Deal des Jahrhunderts ist die Gelegenheit des Jahrhunderts. Seien Sie versichert, dass Israel diese Gelegenheit nicht verpassen wird."

Jerusalem als ungeteilte Hauptstadt

In dem Plan heißt es unter anderem, Jerusalem solle die ungeteilte Hauptstadt Israels bleiben. Die Hauptstadt eines unabhängigen Palästinenserstaates solle in Ost-Jerusalem liegen, östlich und nördlich der Mauer - also in Vororten außerhalb der Stadt. Die Mauer solle bestehen bleiben "und soll als eine Grenze zwischen den Hauptstädten beider Parteien dienen". Trump kündigte an, dort eine US-Botschaft zu errichten, sollte der Plan umgesetzt werden. Abbas sagte: "Jerusalem steht nicht zum Verkauf." Die Palästinenser fordern ganz Ost-Jerusalem als Hauptstadt eines unabhängigen Staates.

Netanyahu sagte, der Plan erkenne Israels Souveränität über alle israelischen Siedlungen im Westjordanland sowie das Jordantal an. Der Plan spricht von einem "entmilitarisierten" Palästinenserstaat. Israel werde die Sicherheitskontrolle über das komplette Gebiet westlich des Jordans behalten - also das Westjordanland. Langfristig sollten die Palästinenser mehr Kontrolle erhalten. Netanyahu sagte, dem Plan nach müsse die im Gazastreifen herrschende islamistische Hamas entwaffnet werden und der Gazastreifen entmilitarisiert. Die Palästinenser müssten Israel als jüdischen Staat anerkennen.

Die für einen künftigen Palästinenserstaat ausgewiesenen Flächen sollen dem Plan zufolge in den kommenden vier Jahren unberührt bleiben, damit die Palästinenser die Anforderungen für einen eigenen Staat erfüllen können. Daher hätten die Palästinenser Zeit, ihren Widerstand aufzugeben, sagte der US-Botschafter in Israel, David Friedman, in einer Telefonkonferenz mit Journalisten. "Kurzfristig ist es nicht wirklich wichtig, was die Palästinenser sagen. Wir werden ihnen diese Option vier Jahre lang offen halten."

Israel hatte 1967 während des Sechstagekriegs unter anderem das Westjordanland, Ost-Jerusalem und die Golanhöhen erobert. Die Vereinten Nationen stufen die Gebiete als besetzt ein. Aus dem damals ebenfalls eroberten Gazastreifen ist Israel abgezogen. Die Palästinenser wollen in Westjordanland und Gazastreifen einen unabhängigen Staat mit der Hauptstadt Ost-Jerusalem ausrufen.

UNO pocht auf Grenzen von 1967

Bereits vor der Präsentation des Plans demonstrierten am Dienstag Hunderte Palästinenser im Gazastreifen dagegen. Demonstranten liefen mit palästinensischen Flaggen durch die Straßen, wie auf Bildern zu sehen war. Reifen wurden verbrannt, Plakate zeigten den US-Präsidenten mit Vampirzähnen und Hakenkreuz sowie Trump mit einem rot durchgestrichenen Nahost-Plan in den Händen. Laut der Hilfsorganisation Roter Halbmond wurden bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und israelischen Sicherheitskräften im Westjordanland 13 Palästinenser verletzt. Eine Person wurde von einem Gummigeschoß getroffen.

Die internationalen Reaktionen fielen gemischt aus. Die Türkei bezeichnete den Plan als "Totgeburt", der iranische Außenminister Mohammad Javad Zarif als "Traumprojekt eines bankrotten Immobilienunternehmers" und "Weckruf für alle Muslime, die auf dem Holzweg waren". Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate, der Oman und Saudi-Arabien sprachen sich für Verhandlungen auf Basis des Plans aus.

Das saudi-arabische Außenministerium würdigte die Bemühungen Trumps, einen "umfassenden Plan" für den Frieden zwischen Israelis und Palästinensern zu entwickeln. Saudi-Arabien hatte im Jahr 2002 eine eigene Friedensinitiative gestartet, die eine Anerkennung Israels durch die arabischen Staaten vorsah, sollte ein Palästinenserstaat in den Grenzen des Jahres 1967 errichtet werden. König Salman telefonierte mit dem palästinensischen Präsidenten Abbas und versicherte ihm, weiter der Sache der Palästinenser verpflichtet zu sein.

UNO-Generalsekretär Antonio Guterres pochte auf eine Zwei-Staaten-Lösung in den Grenzen des Jahres 1967 und verwies diesbezüglich auf geltende verbindliche UNO-Resolutionen. EU-Außenbeauftragter Josep Borrell betonte, die EU werde die Vorschläge der USA unter Berücksichtigung der "legitimen Ansprüche der Palästinenser und Israelis" sowie "aller relevanten UN-Resolutionen und international vereinbarten Eckpunkte" prüfen. Bundeskanzler Sebastian Kurz und Außenminister Alexander Schallenberg (beide ÖVP) begrüßten, dass sich die USA "mit konkreten Vorschlägen einbringen" und appellierten an die Parteien, Verhandlungen unter US-Führung aufzunehmen.

Trump stellt Milliarden in Aussicht

Netanyahu sagte, wenn die Palästinenser Frieden mit Israel schlössen und sich an die Vorgaben des Plans hielten, sei Israel "auf der Stelle" zu Verhandlungen bereit. Die Palästinenserführung hatte den Plan bereits im Voraus als Verstoß gegen UNO-Resolutionen und geltendes Völkerrecht zurückgewiesen. Sie wirft Trump vor, in dem Konflikt einseitig Partei für Israel zu ergreifen, und boykottiert deshalb die Zusammenarbeit. Die Palästinenser haben zu einem "Tag des Zorns" nach der Veröffentlichung des Plans aufgerufen.

Trump sagte den Palästinensern wirtschaftliche Entwicklung zu, sollten sie dem Plan zustimmen. Die USA würden in die Gebiete investieren mit dem Ziel, das Wirtschaftswachstum zu verdoppeln und die Arbeitslosigkeit zu halbieren. Er stellte internationale Investitionen in Höhe von 50 Milliarden Dollar (45,35 Mrd. Euro) in Aussicht.

Netanyahu wollte am Mittwoch zu einem Treffen mit Präsident Wladimir Putin nach Moskau reisen, um über den Nahost-Plan zu sprechen. Nach Angaben des Kremls soll das Treffen beider Politiker am Donnerstag sein. Nach Auffassung von Russlands Außenminister Sergej Lawrow sollte Trumps Nahost-Plan international bewertet werden. "Ich hätte gerne eine Analyse durch ein Quartett internationaler Vermittler", hatte Lawrow am Dienstag der Agentur Interfax zufolge gesagt. Dieser Vierer-Runde sollten demnach neben Russland die Vereinten Nationen, die Europäische Union und die USA angehören.

(APA/AFP/dpa/Reuters)

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