Sonderpreis Österreich

Sonnentor: „Kleinaufträge sind der Türöffner“

(c) Sonnentor
  • Drucken

Sonnentor-Eigentümer Johannes Gutmann spielt die Umweltbewegung in die Hände. An seinem Erfolg lässt er Menschen mit Behinderung teilhaben.

Die bekannte Waldviertler Kräuterhandelsgesellschaft Sonnentor gewinnt den ALC–Sonderpreis für die Verdienste und Leistungen für die Integration von Menschen mit Behinderung ins Berufsleben.

Die hochkarätig besetzte Expertenjury kam zu folgender Begründung: Das Unternehmen lebt glaubwürdig, nachhaltig und vorbildhaft inklusive Beschäftigung, erfüllt die Einstellungsquote und legt den Fokus auf Gemeinwohl. Das Beschäftigungsprogramm ist mit der Unternehmensphilosophie eng verankert – Mitarbeiter sind gut in die Teams integriert. Zusätzlich werden auch Lieferanten und Geschäftspartner durch den Eigentümer engagiert motiviert, Mitarbeiter mit Beeinträchtigung auf dem ersten Arbeitsmarkt einzustellen.

Für Sonnentor–Geschäftsführer Johannes Gutmann ist das selbstverständlich – und nicht erst heute, sondern schon seit der Gründung des Unternehmens im Jahr 1988: „Einer meiner ersten Mitarbeiter war körperlich beeinträchtigt.“ Aber diesen Unterschied kratzte das Waldviertler Original nicht. „Wenn ich lerne, Menschen mit Beeinträchtigung nach ihren Talenten einzusetzen, hab ich etwas davon“, lautet Gutmanns Credo mit Weitblick. Solche Menschen sehen zwar oft nur einen Teil des Kuchens, aber der schmeckt umso besser.“

Heute beschäftigt Sonnentor zwölf Menschen mit körperlicher oder geistiger Beeinträchtigung – und zusätzlich noch einen freien Dienstnehmer, der von zu Hause aus für das Waldviertler Unternehmen arbeitet. Es gebe viele Verpackungsaufträge, die man den Leuten mit nach Hause gebe.

Viel Handarbeit

Generell spielt dieses händische Verpacken und Etikettieren eine wichtige Rolle für die Beschäftigung: „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass nach drei Tagen diese Menschen das Etikett besser aufkleben als jede Maschine“, erzählt der Chef. „Diese Leute haben Fähigkeiten, die der sogenannte Gesunde gar nicht hat.“

Auch ist diese Handarbeit für Kleinserien, Spezialitäten und Sonderaufträge, bei denen sich kein maschinelles Arbeiten lohnt, ein wertvoller Beitrag für Geschäftsanbahnungen. „In meiner Welt umfasst ein Erstauftrag 100 bis 120 Packerln“, sagt Gutmann – und: „Kleinaufträge sind der Türöffner für neue Märkte oder Kunden.“

Die Demut spricht auch heute noch manchmal aus Gutmann, der vor mehr als 30 Jahren in bescheidenen Verhältnissen im Waldviertel begonnen hat. Damals, beim Start von Sonnentor, habe praktisch niemand an ihn und seine Idee mit Biokräutern und Tees geglaubt. Nicht einmal seine Familie und seine Freunde. Einziges Startkapital war ein bisschen Erspartes, mit dem Gutmann ein Auto kaufte, und ein Jungunternehmerkredit der Wirtschaftskammer von damals 200.000 Schilling, in heutiges Geld umgerechnet knapp 15.000 Euro.

Doch es ist aufgegangen: Aus dem fahrenden Bauernmarkt-Verkäufer ist ein nachhaltig erfolgreicher Unternehmer geworden, der seine Bio-Kräutermischungen in vielen Ländern verkauft. Zwei Drittel seiner Gewürze und Tees werden exportiert.

Seine Firmenzentrale in Sprögnitz ist eine Erlebniswelt geworden. Basis seines Erfolgs sind rund 1000 Hektar Anbaufläche, die rund 300 Biobauern als Sonnentor-Partner bewirtschaften.

Gutes Auskommen

Der Sonnentor-Umsatz ist zuletzt auf rund 50 Millionen Euro gewachsen. Auch beim Gewinn denkt Gutmann bodenständig: „Ich bin nie gewinnmaximierend unterwegs. Um das System aufrechtzuerhalten, brauche ich einen Cashflow von zehn Prozent. Meine Frau und ich stehen dahinter. So sind wir gesund gewachsen.“ Es gibt bei Sonnentor auch keine Gewinnausschüttung. „Wir investieren alles, was wir verdienen, in den Betrieb“, betont Gutmann. „Shareholder-Value gibt es bei uns nicht.“

Sonnentor beschäftigt heute in Österreich rund 300 Leute und hat 25 Verkaufsläden – viele in Franchise, so wie gerade in der Shopping City Süd in Vösendorf und in Dornbirn. Auch ist Sonnentor bereits viermal in Deutschland mit Shops vertreten und dreimal in Tschechien.

Zum nahen Tschechien hat Sonnentor eine besondere Verbindung. Dort hat das Unternehmen ein Werk gemeinsam mit einem tschechischen Minderheitspartner. Es zählt 150 Beschäftigte und macht stabil knapp zehn Millionen Euro Umsatz. In diesem kleinen Werk werden alle Sonnentor-Teebeutel-Füllungen gemacht. Gutmann plant derzeit auch den Ausbau des Werks.

Über Mitarbeiter muss sich Gutmann keine Sorgen machen: „Der Fachkräftemangel ist ein Fremdwort für uns. Auf 50 Jobs, die wir ausschreiben, bekommen wir 2000 Bewerbungen von Wien bis Salzburg.“ Gutmann widersteht auch allen Verlockungen: „Wir bekommen alle paar Wochen Kaufangebote. Aber wir stehen nicht zur Verfügung.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2020)


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.