Religion

Nach Islam-Posting: Bedrohte 16-Jährige wird in Frankreich zur Staatsaffäre

Was ist Blasphemie, was Ismalophobie? Was darf eine 16-Jährige in Frankreich sagen?
Was ist Blasphemie, was Ismalophobie? Was darf eine 16-Jährige in Frankreich sagen?(c) imago images/Hans Lucas (Benjamin Mengelle via www.imago-images.de)
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Mila äußerte sich abfällig über den Islam und wird nun mit Hasspostings und Morddrohungen zugeschüttet, kann in keine Schule gehen.

Morddrohungen und Hasspostings („200 pro Minute“, so Mila) ist die in der Nähe von Lyon lebende Gymnasiastin seit Tagen so ausgesetzt, dass sie sich zuhause eingeriegelt hat. Nachdem ein sich als Muslim deklarierender User sie am 18. Jänner auf Instagram als „dreckige Lesbierin“ und „rassistisch“ beschimpft hatte (weil sie mit Hinweis auf ihre Homosexualität seine Avancen zurückgewiesen hatte), hatte sie in einem Kurz-Video erklärt, dass sie den Islam „hasse“, und eine obszöne Bemerkung über „euren Gott“ gemacht. Auf den sozialen Netzwerken kam es zu einer Lawine von Attacken, Milas Adresse und der Name ihrer Schule wurden verbreitet. Auf Twitter haben sich zwei Lager gebildet (#JeSuisMila“ und „#JeNeSuisPasMila“), der Fall ist zum Test für den Umgang der Politik mit Meinungsfreiheit und Blasphemie geworden.

Erschreckend die Stellungnahme des Vorsitzenden der offiziellen Vertretung französischer Muslime (Conseil français du Culte Musulman), Abdallah Zekri, am 23. Jänner im Sender Sud Radio: „Wer Wind sät, wird Sturm ernten“. Nur Morddrohungen lehnte er ab. Zekri leitet auch die „nationale Beobachtungsstelle gegen Islamophobie“.

Ministerin ließ Mila im Stich

Doch selbst Frankreichs Justizministerin Nicole Belloubet goss am 29. Jänner Öl ins Feuer. Im Radiosender Europe 1 erklärte sie, die Beleidigung einer Religion sei „ein Angriff auf die Gewissensfreiheit“. Wollte sie Blasphemie wieder strafbar machen? Nach Kritik aus allen politischen Lagern ruderte sie zurück: Ihre Formulierung sei „ungeschickt“ gewesen.

Doch von Anfang an. Am Samstag, dem 18. Jänner, postete Mila, 16-jährige Instagram-Userin mit lila gefärbten Haaren und bekennende Lesbierin, ein Video auf ihrem Account. Einer ihrer Follower hatte ihr nach zurückgewiesenen Avancen vorgeworfen, sie sei „rassistisch“. Plötzlich war die Religion im Spiel, Mila schrieb dazu, sie lehne alle Religionen ab, und „man kann nicht gegen eine Religion rassistisch sein“. Kurz darauf veröffentlichte sie das (eigentlich nur zur 24-stündigen Veröffentlichung gedachte) Video.

„Ganz Frankreich ist hinter mir her"

Das Unterrichtsministerium „sorgt sich um ihre Situation“, sagte Milas Anwalt zur französischen Zeitung „Le Monde“ – „aber es ist schwierig, eine Schule zu finden, die ihre Sicherheit gewährleisten würde“. Viele Drohungen, so der Anwalt, seien von Schülern ihres eigenen Gymnasiums gekommen. Mila selbst dazu: „Ich kann keinen Fuß mehr in mein Gymnasium setzen und ich kann nicht einmal das Gymnasium wechseln, weil ganz Frankreich hinter mir her ist.“ Die Schulbehörden erklärten, das Mädchen sei in Sicherheit, es werde physisch und psychologisch betreut.

„Ich habe niemanden beleidigt, es war Blasphemie"

Mila hat inzwischen, u. a. gegenüber der Zeitung „Libération“, ihre Äußerung verteidigt: „Anders als sie (ihre Angreifer, Anm. d. Red.) habe ich niemanden beleidigt oder bedroht oder zur Gewalt gegen jemanden aufgerufen“, sagte sie. „Was ich getan habe, war Blasphemie, es ist eine generelle Kritik an den Religionen, nichts weiter.“ 

Die zuständige Polizei in der Stadt Grenoble hat am Donnerstag eine Ermittlung wegen „Aufstachelung zum Rassenhass“ eingestellt. Länger dauern werde, so der Staatsanwalt der benachbarten Stadt Vienne Jérôme Bourrier, die zweite Ermittlung. Diese betreffe Morddrohungen, Drohungen, ein Delikt zu begehen, und Belästigung.

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