Goodbye Britain

Kino, das tief in die Abwasch blickt

Auch Mike Leigh (hier: „Happy-Go-Lucky“) nimmt Anleihen am Sozialrealismus.
Auch Mike Leigh (hier: „Happy-Go-Lucky“) nimmt Anleihen am Sozialrealismus. (C) Tobis
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Keiner kann Sozialrealismus wie die Briten: Im UK-Kino hat der Blick auf Leben und Leiden „einfacher Leute“ eine lange Tradition – und reicht stilistisch von Ken Loach bis „Trainspotting“.

Der britische Film hat keine ästhetische Strömung hervorgebracht, die das Weltkino so stark beeinflusst hat wie die französische Nouvelle Vague oder der italienische Neorealismus. Dafür kann er auf eine Tradition zurückblicken, deren Beständigkeit nahezu jede dieser Bewegungen in den Schatten stellt. Bloß fällt es schwer, sie auf einen Begriff zu bringen. Im Grunde handelt es sich um eine Spielart von Sozialrealismus. Doch was heißt das schon? Das Soziale betrifft uns alle, Realismus hat viele Gesichter. Die Briten ersannen ein anderes Label: „kitchen sink realism“. Es geht auf Kunstkritiker David Sylvester zurück. 1954 schrieb er über von jungen Künstlern gemalte Alltagsszenen – und spielte dabei mit einer Redewendung, die totale Verausgabung bedeutet: Ihr Motivinventar enthalte „everything but the kitchen sink – the kitchen sink, too“.

Bald frönten auch Literatur und Theater dem Abwaschrealismus (in Deutschland eher: Spülbeckenrealismus). Film ließ sich inspirieren – und folgte auf dem Fuße. Wobei das Etikett anfangs als Schimpfwort galt: Was haben das Banale und Gewöhnliche mit (Unterhaltungs-)Kunst zu tun?

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