Martin Walker ist Bestseller-Autor, Journalist und Vorstandsmitglied einer Denkfabrik. Für den in Frankreich und den USA lebenden Schotten ist der Brexit der letzte Akt eines Dramas, das 1945 begann. Er wünschte sich ein neues Referendum.
Die Presse: Der britische Premierminister, Boris Johnson, hat mit seinem Slogan „Let's get Brexit done!“ mit den Tories die Unterhauswahlen gewonnen. Der Ausstieg des Königreichs aus der EU ist nun Faktum. Aber ist er tatsächlich erledigt?
Martin Walker: Überhaupt nicht. Der harte Teil beginnt erst, die Verhandlungen über Zölle, die Abkommen zum Handel mit der EU, der ungefähr die Hälfte des britischen Handels ausmacht. Zugleich müssen parallel Verträge mit anderen wichtigen Partnern verhandelt werden, von den USA bis Australien, von Jamaika bis China.
Aber es ist doch zugegebenermaßen ein griffiges Versprechen, nach Jahren des Limbus etwas zu erledigen . . .
Zündende Werbesprüche wie „Make America great again!“ sind wie Eiscreme – anfangs sehr reizvoll, doch ohne viel Nährwert.
Johnson war einst als Journalist ein Kollege von Ihnen, in Brüssel. War er da auch schon so antieuropäisch wie heute?
Boris war es immer nur mit einer Sache ernst – wenn es um ihn selbst und seine Karriere ging. Er hat sich für die Seite des Brexit entschieden, weil er darin den einzigen Weg sah, David Cameron zu besiegen und selbst Premier zu werden. Die beiden sind seit ihrer Schulzeit Rivalen gewesen. Alles andere ist im Vergleich zu Johnsons Selbstbezogenheit zweitrangig. Vergessen Sie nicht, dass er einen Tag lang für Theresa Mays Chequers-Deal war, ehe er realisierte, dass er nun die Chance hatte, sie als Premier abzulösen.