Lieblingsorte in GB

Bye-Bye Britain: Viel Glück und bleibt, wie ihr seid

London: Was gibt's da zu
London: Was gibt's da zu(c) REUTERS (Peter Nicholls)
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Post Brexit. Manche britischen Orte sind uns mehr ans Herz gewachsen als andere. Fünf UK-Favourites aus der Redaktion.

Manche, die es wissen könnten, sehen Großbritannien in eine ziemlich düstere Zukunft rennen. Unklar sind die Effekte des Brexit für den Tourismus und seine Infrastruktur. Wir finden ja, es war schon ganz great dort. Und hoffen, dass es so bleibt. Oder noch besser wird. Man weiß ja nie.

Devon: Agatha Christies House – nicht Home

Es gibt Häuser, und es gibt Homes. Greenway House in Brixham im Südwesten Englands war so ein Zuhause für die weit gereiste Krimiautorin Agatha Christie, die ja an Häusern und emotionalen Bindungen an diese nicht arm war. Doch jenes eine, über dem Dart River in Devon gelegen, war das ideale Haus. Zum Schreiben, zum Garteln, zum fiktiven Morden: Alderbury House heißt es in „Das unvollendete Bildnis“, in „Wiedersehen mit Mrs. Oliver“ dient es unter dem Namen Nasse-House samt Bootshaus als Schauplatz des Romans. Natürlich auch in der Verfilmung mit David Suchet als Hercule Poirot.

Greenway in Brixham: Sommerresidenz Agatha
Greenway in Brixham: Sommerresidenz Agatha(c) imago/Loop Images (Bill Allsopp/LOOP IMAGES)

1938 samt 15 Hektar um rund 6000 Pfund erstanden, schwebt sein Wert heute in der Oligarchen-Liga. Doch ans Verkaufen denkt niemand. Es gehört dem National Trust und ist eine Agatha-Christie-Welt, in der Erinnerungsstücke aus ihrem Leben, das von der US-Navy gemalte Fries in der Bibliothek (die das Haus ab 1943 zur Vorbereitung des D-Day nutzte), Film-Requisiten und Fan-Shop-Artikel dem Besucher einen wohligen Overkill an Eindrücken und Infos bescheren. Das Haus hält das alles aus, hält Stellung mit selbstbewusster, luftiger Schönheit und wunderbarer Aussicht aufs englische Hügelland. Brexit? Welcome home. Daniela Mathis

London: Klassisch, aber niemals altmodisch

Nur einmal habe ich es ins ehrwürdige Königreich geschafft. Das war 2011, im Sommer der London Riots, die für Familie und Freunde auf der Wohnzimmercouch wohl so wirkten, als versinke die gesamte Hauptstadt in Gewaltexzessen. In Wirklichkeit erlebten wir in diesem August einen der schönsten Städtetrips meiner gesamten Reisehistorie. So sehr es mich auch überraschte – viel gerühmte und von Weitem so oft gesehene Orte neigen ja dazu, die hohen Erwartungen, die man an die Metropole stellt, nicht zu erfüllen –, mich hat es nicht enttäuscht.

Die puristische Eleganz der klassizistischen Architektur, auf weißem Sandstein gebaut und von schwarzem Schmiedeeisen umrahmt, da und dort von mittelalterlichem Fachwerk oder sozialistischem Backstein ergänzt, bildet den optischen Hintergrund, vor dem sich die Weiten des Hyde Parks, die vertikalen Furchen der gotischen Fassade der Houses of Parliament, der Trubel am Trafalgar Square, die Lichter am Picadilly Circus, die verwischten Pinselstriche der Turner-Gemälde im Tate Britain und die Blumenkisteln in der Carnaby Street vor meinem geistigen Auge abbilden.

Die historisch schwer beladene, imperiale, aber dabei nie altmodische Eleganz der Weltstadt beeindruckt mich auch neun Jahre später noch. Man kennt sie, man erwartet das, was man auch bekommt, aber dennoch ist es viel besser, als man denkt. Ihre Attraktivität verdankt sie nicht nur dem welt- und wirtschaftspolitischen Gewicht, das ihre imposanten Gebäude, ihren internationalen Charme, ihre kulinarischen (positiven!) Überraschungen, ihre kulturelle Vielfalt und ihre nächtliche Ekstase erklärt. Es ist ein eigener Zauber, den diese Stadt – und das ganze Land – umgibt. Ihn zu erleben ist klassisch, muss sein, ist mitunter banal geworden. Und nach dem Brexit vielleicht nicht gerade sympathisch. Aber auch niemals langweilig. Julia Wenzel

Schottland 1: Kettenraucher und Konsequenz

Ach Gairloch. Der erste Anblick, gleich hinter den Highlands, wuthering heights, wild, zerklüftet, dann geht es nach unten, in Richtung Meer, das Land wird weicher, hügeliger, hüfthohes Heidekraut, dann öffnet sich der Blick, das kleine Städtchen, der Strand, das Meer. Es war Liebe auf den ersten Blick.

Gairloch: ein kurzer, kein letzter Loch.
Gairloch: ein kurzer, kein letzter Loch.(c) Getty Images/iStockphoto (Babett Paul)

Gairloch („kurzer Loch“) liegt an der Nordwestküste Schottlands. 600 Einwohner, ein bisschen Fremdenverkehr, ein Golfplatz. Und ein Pub. Als Großbritannien 2006 das allgemeine Rauchverbot einführte, erzählt der Barkeeper, habe er die Lüftung geputzt. „Like a bathole“ sah es da drinnen aus, mit langen schwarzen Drecktrauben, die von der Decke hingen. Er, der Kettenraucher, rührte nie wieder eine Zigarette an.

Er war seiner Zeit wohl weit voraus. Und einmal entschieden, blieb er konsequent. Wie alle Kaledonier: Schottland will in der EU bleiben, es wird einen Weg finden. Unsere Arme sind weit offen. Nicht nur wegen Gairloch. Andrea Lehky

Yorkshire: Tee, Vinegar Chips und Camping

Wo ich das englische Wort für Essig gelernt habe, weiß ich noch ganz genau. Wir waren in Brotton, einer kleinen, gemütlichen Ortschaft im Norden Englands, bei Freunden auf Urlaub, und ich war gerade so alt, dass ich allein ums Eck einkaufen gehen durfte. Meine Pfund hab ich in eine Packung Chips mit der Aufschrift „Vinegar“ investiert . . .

Yorkshire: Kirchen, Schlösser und Teatime.
Yorkshire: Kirchen, Schlösser und Teatime.(c) Getty Images/iStockphoto (Mat Hanley)

Brotton war bei vielen Reisen nach England Ausgangspunkt unserer Touren: zu Teestunden und Picknick am Cliff von Saltburn-by-the-sea, zu Stadtbesichtigungen in Whitby und Middlesbrough, und bei Camping-Abenteuern in den Yorkshire Dales wurden so manche Schlösser und Burgen erklommen. Und ganz nebenbei die Liebe zu England und seinen einmaligen Bewohnern entdeckt, die nun hoffentlich ein erfolgreiches neues Kapitel in der Geschichte aufschlagen. Und was mich angeht: Brexit hin oder her – einmal happy place, immer happy place. Margret Groier

Schottland 2: Stille Tage an der Nordsee

Die Nordseeküste ist Schottlands anderes Gesicht: Was im Westen (zu?) viele Reisende an der zerklüfteten Küstenlinie begeistert, kommt hier an der Ostseite der Highlands flach daher, unspektakulär, ruhig. Diesen Schlenker da hinauf tun sich daher nicht viele an. Das ist, sorry, auch ganz gut so. Damit verharrt der Ort gewissermaßen in Kontemplation, wenngleich Sutherland zu den ärmsten Gegenden im Königreich gehört.

Brora: Schottland mit Sandstrand.
Brora: Schottland mit Sandstrand.(c) Getty Images/iStockphoto (Alena Kravchenko)

Landet man plötzlich hier, vielleicht sogar für länger, lernt man das Zuschauen: wie die Ebbe Meeresboden freilegt, der Nebel über die flachen Hügel kriecht, die Schafe die Wolle hinterherschleifen, die Golfer mit dem Wind kämpfen. Im manchem Winter sogar Langläufer. Und wären die Menschen hier sportlicher, gäb's auch wohl einige Surfer. Aber das Pub, das lockt, wo die Stadt, Inverness, so weit weg ist. Madeleine Napetschnig

WELCOME TO BRITAIN

Reisen post Brexit: Sind die EU-Fluggastrechte weiter aufrecht? Was passiert bei Krankheit? Darf der Hund mit? „Urlauber sind zunehmend verunsichert, was aufgrund des langen Tauziehens um die Brexit-Verhandlungen verständlich ist. Daher ist es für Reiseexperten wichtig, Kunden umfassend zu informieren“, erklärt Ruefa-Geschäftsführer Walter Krahl und gibt einige Antworten. Fürs Erste (in der Übergangsperiode bis 31. 12. 2020) ändert sich kaum etwas:

Einreise: Kontrollen gab es schon zuvor. Neu: Nur der Personalausweis wird voraussichtlich im Lauf dieses Jahres nicht mehr reichen.

Führerschein: Der gültige nationale Führerschein eines EU-Staats wird in Großbritannien ohne Übersetzung anerkannt. Dennoch sollte man vorab bei der Mietwagenfirma nachfragen.

Fliegen: Unterbrechungen im Flugverkehr sind nicht zu erwarten. Die Bestimmungen der EU-Fluggastrechte-Verordnung gelten bis 1. 1. 2021. Was dann geschieht, ist zu verhandeln: „Die Fluggastrechte-Verordnung sieht vor, dass nur Passagiere, die von einem Flughafen in der EU starten, Ansprüche bei Flugverspätung, Annullierung etc. geltend machen können. Für Flüge von außerhalb in die Union bestehen Ansprüche nur, wenn der Flug von einer Fluggesellschaft der EU durchgeführt wird.“

Krankheit: Die Europäische Krankenversicherungskarte wird vorerst weiter akzeptiert. Sollte sie ab 1. 1. 2021 nicht mehr gelten, brauchen Urlauber eine private Auslandskrankenversicherung.

Ein- und Ausfuhrbestimmungen: vorerst keine Änderung. „Ob Zollkontrollen ab dem 1. 1. 2021 wieder eingeführt werden, ist noch nicht sicher. Die Freigrenzen innerhalb der EU für die Mitnahme von Alkohol oder Zigaretten könnten dann Geschichte sein“, so Krahl.

Mit Hund: Der EU-Heimtierausweis gilt vorerst weiter. Ab 2021 könnten zusätzliche veterinärmedizinische Dokumente notwendig sein. Tipp: vor Abreise bei der britischen Botschaft erkundigen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.02.2020)

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