Lehrberufe

Frischer Wind für die Baulehre

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Aus dem Maurer wird der Hochbauer, aus dem Schalungs- der Betonbauer: Mit neuen Namen und erweiterten Inhalten trägt die Baulehre der Modernisierung der Branche Rechnung.

„Den klassischen Maurer gibt es nicht mehr“, sagt Stefan Graf, CEO des Baukonzerns Leyrer + Graf. Denn seit Jahresbeginn lautet die Berufsbezeichnung für diesen Traditionsberuf Hochbauer, aus dem Schalungsbauer wurde  der Betonbauer, und der Lehrberuf des Tiefbauers wurde geschlechtsneutral in Tiefbau umbenannt.

Die neuen Berufsbezeichnungen sind zwar das offensichtlichste, aber nicht das einzige Zeichen für die Weiterentwicklung der Fachkräfteausbildung am Bau, der sogenannten Baulehre 2020. Ein weiterer Baustein ist der überarbeitete Lehrplan: Neben neuen Arbeitstechniken wie der digitalen Vermessung oder dem elektronischen Datenmanagement findet sich dort unter anderem auch das Prüfen von Vorleistungen. „Dass es viel Neues zum Thema Digitalisierung gibt, steigert die Attraktivität der Bauberufe“, ist Graf, dessen Unternehmen derzeit rund 150 Lehrlinge ausbildet, überzeugt. Als positiv begrüßt er weiters die sogenannte Kaderlehre: Sie wurde als Anreiz für jene Lehrlinge geschaffen, die eine Karriere als Führungskraft am Bau anstreben. In einem vierten Lehrjahr erhalten Lehrlinge, die sich für diese Variante entscheiden, nicht nur eine vertiefte bau-betriebswirtschaftliche Ausbildung, sondern können darüber hinaus  einen technischen Schwerpunkt wie Neubau, Sanierung, Stahlbetonhochbau oder Verkehrswegebau wählen. Eine Spezialisierung, die, laut Graf, durchaus gefragt ist: „Gerade in den Bereichen Neubau und Sanierung sowie Verkehrswege- und Siedlungswasserbau stellen wir am Markt eine zunehmende Spezialisierung fest.“

E-Lernplattform als Ergänzung

Die Digitalisierung findet sich aber nicht nur in der strategischen Neuausrichtung der Baulehre: Auch im Bereich e-Learning weht seit Herbst des Vorjahres mit der Lernplattform E-Baulehre, die die Jugendlichen gezielt auf die Lehrabschlussprüfung vorbereiten soll, ein frischer Wind. „Die E-Baulehre umfasst derzeit 373 e-Learning Fachthemen, knapp 90 Lehr-Videos mit insgesamt 329 Filmminuten und einen Wissens-Check mit 2900 Fragen“, beschreibt Harald Kopececk, Geschäftsführer der Bauakademie Oberösterreich und Koordinator des Projekts E-Baulehre. Die zwischenbetrieblichen Bauakademien ergänzen die Ausbildung in den Lehrbetrieben und den Berufsschulen und bilden die dritte Säule der trialen Baulehre. Die neuen e-Learning-Tools stehen nicht nur Lehrlingen in Betrieben und den Bauakademien zur Verfügung, auch Polytechnische und Berufsschulen können das digitale Lern- und Trainingsprogramm in ihren Unterricht einbinden. Weiters können Ausbildungsbetriebe den Lernerfolg ihrer jeweiligen Lehrlinge auf der Plattform nachvollziehen und ihnen dort verschiedene Online-Trainings zuweisen. „Die persönliche Wissensvermittlung kann und soll durch die Online-Plattform nicht ersetzt werden. Aber die ersten Feedbacks zeigen, dass wir hier eine optimale Ergänzung geschaffen haben, die den Jugendlichen durch den Gaming-Charakter der Wissens-Checks auch noch Spaß macht“, sagt Kopececk.

Um die Nutzung der e-Learning-Plattform zu erleichtern, stellen die Bundesinnung Bau und der Fachverband der Bauindustrie alle Bau-Lehrlinge ab dem zweiten Lehrjahr ein Tablet, das in die EDV des Lehrbetriebs eingebunden werden kann, gratis zur Verfügung. Nach dem erfolgreichen Abschluss der Lehre gehen die Tablets ins Eigentum der Jugendlichen über.

Image: „Luft nach oben“

Für Graf ist die Modernisierung der Baulehre zwar ein „guter Schritt“, bei der Verbesserung des Images sieht er aber noch Luft nach oben. Und er begründet, warum hier nachgebessert werden sollte: „Der run for talents und der Fachkräftemangel werden uns noch länger begleiten.“  (ris)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.02.2020)

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