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Sieben Oscar-nominierte Kurzfilme, die man im Netz sehen kann

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Bei den Oscars schauen alle auf die Hauptkategorien – doch gerade die weniger umjubelten bergen spannende Entdeckungen. Empfehlungen aus der Academy-Kurzfilmschatulle.

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Walk, Run, Cha-Cha

Über Immigration und Lebensmut
Zu sehen auf Vimeo

Die drei Kurzfilmoscar-Kategorien (bester Kurzspielfilm, bester Kurzdokumentarfilm, beste Kurzfilmanimation) sind zugleich offener und strenger als ihre „größeren“ Pendants: Einerseits können darin essayistische und experimentelle Formen zum Zug kommen, die bei den Hauptnominierungen meist geflissentlich ignoriert werden. Andererseits scheint hier der Druck, eine direkte Anbindung an Themen des Tages zu bieten und gesellschaftspolitische Botschaften zu transportieren (oder wenigstens Deutungen dieser Art zuzulassen), noch höher zu sein als im Hauptbewerb. Sogar Filme ohne ausdrückliches Sendungsbewusstsein fügen sich in besagtes Schema. So auch „Walk, Run, Cha-Cha“, ein Produkt der hauseigenen Kurzdoku-Schmiede der „New York Times“: Im Kern eine berührende Geschichte über ein alterndes vietnamesisches Paar, das nach Jahren emotionaler Entbehrung beim Tanzunterricht in L. A. neuen Lebensmut fasst.

Ganz nebenher geht es darin um Immigration, Integration, kulturelle Aufgeschlossenheit – und um Amerika als Schmelztiegel und Selbstverwirklichungsoase. Eigentlich eh bemerkenswert, wie viele inhaltliche Motive dieses unscheinbare Porträt in zwanzig Minuten unterbringt. Sehenswert!

In the Absence

Doku über ein Fährschiff-Drama
Zu sehen auf YouTube

Der Untergang des Fährschiffs Sewol 2014 ist ein nationales Trauma Südkoreas. 304 Menschen, die meisten Schüler, kamen ums Leben. Verstärkt wurde die Tragik durch die Inkompetenz des für die Rettung zuständigen Staatsapparats. „In the Absence“ von Seung-jun Yi, koproduziert von US-Dokumentarfilmerin Laura Poitras, lässt den Vorfall und seine Nachwehen in teils bestürzenden Echtzeit-Kontrastmontagen von Originalaufnahmen Revue passieren: Behördenfunksprüche sorgen sich um Gesichtswahrung, während der Schiffskiel im Meer versinkt. Bis heute warten Angehörige auf Entschuldigung.

Life Overtakes me

Kinder in Trauma-Apathie
Zu sehen auf Netflix

Meist sind es Kinder aus Familien mit Kriegs- und Fluchterfahrung, die fürchten müssen, abgeschoben zu werden. Der Zustand der Kinder ist zum heulen: Völlig apathisch liegen sie da, müssen gewickelt, per Magensonde gefüttert, ihre Gliedmaßen von den Eltern massiert und bewegt werden. „Resignation Syndrome“ nennen es die Ärzte. Erst wenn die – oft ebenfalls traumatisierten – Eltern sich sicher fühlen, wenn sich die Angst im Umfeld löst, kehren die Kinder langsam ins Leben zurück. Über 200 Fälle gab's in drei Jahren allein in Schweden, wo diese Kurz-Doku entstand. Erschütternd. (i. w.)

Kitbull

Hund & Katz in Kreide und Kohle
Zu sehen auf YouTube

Während abendfüllende Animationsfilme heute kaum noch ästhetischen Spielraum haben, bietet die kurze Form Gelegenheit zum Experiment. Die nette Pixar-Miniatur „Kitbull“ über die Freundschaft zwischen scheuer Straßenkatze und bulligem Hinterhofhund, sieht nach Kreide und Kohlestift aus – unvorstellbar für eine Großproduktion der Firma.

Nefta Football Club

Feel-Good-Film aus Tunesien
Zu sehen auf YouTube

Gern gesehen bei Oscar-Kurzspielfilmen: Humor und Pointenfreude. Besonders vor ernstem Hintergrund. In „Nefta Football Club“ stoßen zwei tunesische Jungen auf dem Heimweg auf einen Esel, der Sackerl mit weißem Pulver transportiert. Nur einer begreift, worum es sich handelt. Der andere sieht eine Chance, sein Straßenfußballfeld farblich abzugrenzen.

Hair Love

Vater-Tochter-Zeichentrick
Zu sehen auf YouTube

Ein afroamerikanisches Mädchen sehnt sich nach einer neuen Frisur. Diverse Online-Tutorials überfordern sie – also muss Papa aushelfen. Doch der ist auch nicht vom Fach. Und liefert sich ein wildes Wrestling-Match mit dem übermächtigen Wuschelkopf seiner Tochter. Wer wird gewinnen? Eine kurze, liebenswerte Zeichentrick-Vignette, die per Crowdfunding finanziert wurde. Und im Kern für väterliche Verantwortung plädiert. Die Schlusspointe ist ein bisserl viel Kitsch. Sei's drum.

The Neighbors' Window

Elternfrust und Nachbarschaftsneid
Zu sehen auf Vimeo

Ein gutes Konzept kann beim Kurzfilm-Oscar die halbe Miete bedeuten – selbst wenn die Umsetzung, wie bei „The Neighbors' Window“, hinterherhinkt. Zwei junge New Yorker hadern mit Verantwortung und Elterndasein. Verstärkt wird der Frust des Erwachsenwerdens durch Fenstertheater vis-à-vis, wo sexy Nachbarn bedenkenlos YOLO-Vergnügungen frönen. Doch wer hätt's gedacht: Auch sie haben Probleme – und werfen ihren Neidern auch sehnsuchtsvolle Blicke zu.

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