Der derbe Brexit-Zündler hat in all seiner Demagogie die argumentativen und ethischen Schwächen des Europaparlaments und der Medien bloßgelegt.
Nach zwei Jahrzehnten ist es auch für ihn vorbei: Nigel Farage, Anstifter der Bewegung für den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU, hat nun auch kein Mandat mehr im Europaparlament. In all den Jahren, in denen ich ihn als Europa-Korrespondent beobachten musste, hat er in mir eine tiefe Abneigung wurzeln lassen. Das liegt nicht daran, dass er die EU ablehnt: ich bin für jedes schlüssige Argument gegen das europäische Einigungswerk offen, denn nur an überzeugenden Einwänden schärft sich die eigene Idee davon, was man für gut und richtig hält (übrigens habe ich bis heute kein sinnvolles Argument für den Brexit beziehungsweise gegen die Union vernommen).
Farage war und ist mir vielmehr aufgrund seiner rüpelhaften Derbheit unangenehm, seiner Verhöhnung politisch Andersdenkender, seines Desinteresses an gesetzgeberischer Arbeit, und vor allem wegen seines Ressentiments gegen alles, was nicht stramm Union-Jack-Fähnchen schwenkt. Politik sollte Probleme zu lösen versuchen, finde ich, statt sie zu vertiefen. Sie sollte versöhnen, statt noch mehr zu entzweien.
Und dennoch wird mir Farage fehlen.
Denn sein Aufstieg zur Galionsfigur der Brexiteers wäre ohne das Versagen der proeuropäischen Europaabgeordneten und die tätige Mithilfe der Medien nicht möglich gewesen. Letztere haben ihm, im Gieren um schrille Originaltöne aus dem ansonsten so grau und langweilig wirkenden Brüsseler Politikbetrieb, immer und immer wieder das Mikrofon unter die Nase und die Kamera vors Gesicht gehalten. Was hatte er Substanzielles zu sagen? Nichts. Welche inhaltliche Kompetenz hatte er? Keine. Doch weil er Emotionen schürte und sich kein Blatt vor den Mund nahm, hofierten ihn die Medien.