Zogajs reisen im Juli freiwillig aus

Zogajs reisen Juli freiwillig
Zogajs reisen Juli freiwillig(c) APA (Werner Dedl)
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Der Flug nach Pristina geht in zwei Wochen. Arigona könnte möglicherweise legal zurückkehren, um 2011 zu maturieren. Sie will ihre Familie aber nicht zurücklassen. Die Volkshilfe prüft weitere Möglichkeiten.

LINZ. Das drohende Szenario: Vollstreckung der Abschiebung durch die Fremdenpolizei. Um dem zu entgehen, verlassen die noch in Frankenburg in Oberösterreich verbliebenen Mitglieder der Familie Zogaj freiwillig das Land – acht Jahre nach ihrer illegalen Einreise nach Österreich. Der Bescheid der zuständigen Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, in dem Nurie Zogaj und ihre Kinder Arigona, Albin und Albona aufgefordert werden, Österreich, „unverzüglich“ zu verlassen, wurde bereits zugestellt. In der Bezirkshauptmannschaft warte man nun auf eine Reaktion, heißt es auf Anfrage der „Presse“.

Kein Geld für die Flugtickets

Viel Spielraum gibt es allerdings nicht. Als „realistisch“ bezeichnet Walter Deil von der Volkshilfe das Ersuchen, noch zwei bis drei Wochen Frist bis zur Ausreise einzuräumen: „Das wird mit der Bezirkshauptmannschaft auszuverhandeln sein.“ Laut der Zeitschrift „News“ wendet sich nun auch der 17-jährige Freund Arigonas an die Öffentlichkeit: Er bittet um Aufschub. Noch diese Woche soll es ein Gespräch mit der Behörde geben, bei dem ein genaues Abreisedatum fixiert wird. Bis dahin soll die medizinische Betreuung von Nurie Zogaj, deren psychischer Zustand als labil gilt, im Kosovo organisiert werden. Die 18-jährige Arigona und ihre Geschwister (10, 11) sollen das Schuljahr beenden können und es soll geklärt werden, wo die Familie vorerst unterkommt. Am wahrscheinlichsten ist eine Unterbringung in ihrem Heimatdorf Kaliqat im Nordwesten des Kosovos, wo derzeit auch die älteren Brüder Arigonas in einem gemieteten Zimmer leben. Der Vater der Kinder, Dzevat Zogaj, ist nach der Abschiebung 2007 untergetaucht, er hat die Familie verlassen. In der Nähe von Pristina, der Hauptstadt des Kosovo, lebt noch eine Schwester Dzevat Zogajs, auch zu ihr besteht zur Zeit allerdings kein Kontakt. Das Haus, in dem die Zogajs vor dem Krieg gelebt haben, ist nur noch ein Ruine.

Die so genannte freiwillige Ausreise ist von den Betroffenen selbst zu organisieren und zu bezahlen. Eine Reise auf dem Landweg ist unwahrscheinlich: dazu bräuchte die Familie auf jeden Fall Reisepässe, die sie nicht besitzt. Mit dem Flugzeug ist eine Ausreise in Fällen wie diesen jedoch auch ohne Pass möglich. Derzeit kostet ein Flug von Wien nach Pristina ab 140 Euro aufwärts pro Person. Bezahlen könne das Nurie Zogaj nicht, sagt Pfarrer Josef Friedl, der sich seit 2007 um die Familie kümmert: „Sie haben ja kein Geld. Es heißt einfach friss oder stirb. Und man weiß nicht, ob in dieser Geschichte, in der eine Familie zugrunde gerichtete wird, nicht noch jemand stirbt“, sagt der Pfarrer von Ungenach. Nurie Zogaj und den Kindern gehe es schlecht, es sei „ein ständiges Weinen.“ Friedl will weiterhin finanziell unterstützen, mit Spenden soll der Flug in die alte Heimat bezahlt werden.

Arigona: Nicht ohne Familie

Mit der freiwilligen Ausreise bestehe im Gegensatz zu einer Abschiebung zumindest potenziell die Möglichkeit einer legalen Rückkehr, betont Deil. Die Chancen stünden allerdings schlecht: Arigona, die als Saisonarbeiterin, oder um ihre Ausbildung abzuschließen, zurückkehren könnte, hat bereits erklärt, sie werde ihre kleinen Geschwister und ihre Mutter nicht allein zurücklassen. Ein Weg der legalen Rückkehr für die ganze Familie sei indes auszuschließen.

Während die Volkshilfe nun über Modalitäten der Ausreise berät, kommen von TV-Sendern und Printmedien Anfragen, die Familie auf der Reise zu begleiten: „Da wird auch Geld geboten. Das ist natürlich ausgeschlossen. Wir machen aus dieser Sache, die für die Familie eine Tragödie ist, keine Show.“

Fest für Arigona

■Kommenden Montag geht im Dreiraum-Theater in Wien ein Benefiz für die Zogajs über die Bühne. Am 3. Juli findet in Frankenburg ein „Fest für Arigona“ mit Franzobel und Sigi Maron statt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.06.2010)

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