Zum Genter Altar fuhren bisher nur eingeschworene Kunstfans. Heuer aber soll das gefühlt die ganze Welt tun. Dafür ausgegebenes Marketing-Motto: „OMG! Van Eyck was here!“
Wir Belgier“, sagt Nick, der früher Barbesitzer war, unter demselben Hipster-Logo aber gerade als Stadtführer „Charlie“ neu durchstartet, „sind leider gar nicht gut im Selbstmarketing.“ Noch glaubt man ihm, erstmals hier mitten in dieser so zauberhaften, neben Brüssel und Brügge weniger bekannten Studentenstadt stehend. Voriges Jahr, versichert Nick, war noch nicht einmal jedem Einwohner der Name Jan van Eyck ein Begriff, schließlich sei das hier das Hipsterzentrum Belgiens, interessiert man sich hier eher für Veggie- und Pommes-Bars oder das lauschige Street-Art-Gässchen.
Das allerdings hat sich fundamental geändert. Alles dreht sich hier um „das Lamm“, also das nur 12 mal 12cm winzige Zentrum des vier Mal drei Meter großen, frisch teilrestaurierten Genter Altars, Hauptwerk des spätmittelalterlichen Malers Jan van Eyck und seines älteren Bruders Hubert, der tatsächlich in Gent lebte und 1426 starb. Während Jan nur kam, um den Altar zu vollenden (und sonst in Brügge bzw. im Hofstaat des burgundischen Herzogs Philipp der Gute lebte, für den er u. a. auch ominöse diplomatische Geheimreisen unternahm).
Brügge blickt skeptisch. Das heuer ausgerufene, nur knapp an der Peinlichkeitsgrenze schrammende Genter Tourismusmotto „OMG! Van Eyck was here!“ wird von Brügge aus dementsprechend skeptisch betrachtet. Trotzdem lieh man Gent im letzten Moment doch noch eines von zwei Tafelbildern aus, das man von van Eyck besitzt, das Porträt der Gattin Margarethe.