Beethovens Ur-„Fidelio“ scheitert: Wegen unzulänglicher Stimmen für Leonore und Pizarro, aber auch wegen Amélie Niermeyers überambitionierter, zugleich uninspirierter Regie. Tomáš Netopil am Dirigentenpult ist das größte Plus.
Loriots Opa Hoppenstedt hätte frohlockt: Mehr Lametta war auch früher nie. Zum Finale baumeln im Hintergrund meterlange Silberfäden vom Schnürboden, alle erscheinen in Glitzeroutfits. Sogar für den überführten Schurken legen dessen Opfer noch ein gutes Wort ein: Der Minister nimmt es als glatter, geleckter Politentertainer lächelnd zur Kenntnis. Alles wird discofunkelnd gut, so scheint es, auch wenn sich Leonore, die ihren unschuldig inhaftierten Mann aus dem Kerker befreien konnte, bei einer Zeile wie „Wer ein solches Weib errungen“ die Ohren zuhält. Doch ach, das Ganze ist nur ein Traum, die Wunschvorstellung der tödlich verletzten Heldin, die an der Rampe in ihren beiden Identitäten, einer singend hoffenden und einer sprechend zweifelnden, zugrunde geht.
Auch wenn der Plan fehlschlägt, überlebt die Idee, wollte Regisseurin Amélie Niermeyer damit wohl sagen. Das hätte vielleicht poetisch wirken und berühren können – aber zu diesem Zeitpunkt war die ambitionierte und gut gemeinte, aber im Ganzen schlicht uninspirierte, langatmige Unternehmung längst gescheitert.
Bezeichnend an der Publikumsreaktion waren weniger der obligate Hagel von Buhs gegen das Regieteam oder der zwischen höflicher Anerkennung und Ratlosigkeit pendelnde Beifall für die Sänger als einfach deren Kürze: Ein einziges Mal erschien das Ensemble nach der ersten Applausrunde auf offener Bühne noch vor dem Vorhang. Diesem Debakel wollten offenbar auch die artigsten Opernbesucher schleunigst den Rücken kehren.