Arbeitsmarkt

Wo es Wien an Arbeitern fehlt

Köche, Kraftfahrer und Verkäufer – in diesen Berufen ist es für Wiener Betriebe derzeit am schwierigsten, Stellen zu besetzen.
Köche, Kraftfahrer und Verkäufer – in diesen Berufen ist es für Wiener Betriebe derzeit am schwierigsten, Stellen zu besetzen.imago images/Panthermedia
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Wien hat die höchste Arbeitslosenquote Österreichs. Zudem fehlen Fachkräfte. Nun will die Stadt 77,4 Millionen Euro in die bessere Qualifizierung der Wiener investieren.

Wien. Köche, Kraftfahrer und Verkäufer – in diesen Berufen ist es für Wiener Betriebe derzeit am schwierigsten, Stellen zu besetzen. Nicht nur hier, in ganz Österreich gibt es einen Fachkräftemangel. Gleichzeitig ist die Arbeitslosenquote in Wien im Vergleich zu den Bundesländern die höchste.

Nun kündigte Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke (SPÖ) an: 77,4 Millionen Euro will die Stadt heuer in die berufliche Qualifizierung und Weiterbildung der Wiener investieren. Unter anderem in Schulungen und Weiterbildungen des Wiener Arbeitnehmer Förderungsfonds (Waff). 34.000 Menschen sollen davon profitieren.

Ein Schwerpunkt liege in der Qualifizierung von 1500 neuen Fachkräften. 1100 Ausbildungsplätze sollen im Gesundheitsbereich geschaffen werden, etwa für Heimhilfe oder Pflegeassistenz. 400 neue Ausbildungsplätze will man in der Hotellerie, dem Gastrobereich, im Handel, Handwerk und in der IT-Branche anbieten. Wer etwa die technische Ausbildung bei einem IT-Unternehmen beginnt, soll dort später einen fixen Job bekommen. Die Ausbildungskosten übernimmt die Stadt.

Fachkräfte statt Hilfskräfte

Zielgruppe der Weiterbildungen und Umschulungen seien besonders Menschen, deren höchster Abschluss die Pflichtschule ist. So sollen „Hilfskräfte zu Fachkräften werden“, wie es seitens des Waff heißt. Denn mit einem Pflichtschulabschluss habe man es oft schwer bei der Jobsuche.

In Wien leben derzeit rund 200.000 Menschen, die höchstens die Pflichtschule absolviert haben. „Sie stellen den weitaus größten Anteil der beschäftigungslosen Wiener“, so die Soziologin Nina-Sophie Fritsch, die sich an der WU mit dem Wiener Arbeitsmarkt beschäftigt.

Der Bedarf an Fachkräften steigt in den nächsten drei Jahren vermutlich weiter an. Einige Branchen sind besonders betroffen. Die Stadt erwartet bis 2023 einen Anstieg der offenen Stellen vor allem im Gesundheits- und Sozialwesen, im IT-Bereich, im Unterrichts- und Erziehungsbereich und in der Hotellerie und Gastronomie. Etwa durch gestiegene Nachfrage, wie im Bereich Pflege, und die Welle an Pensionierungen von den sogenannten Babyboomern. Insgesamt soll vor allem der Bedarf an Menschen mit mittlerer Qualifikation und akademischer Ausbildung steigen. Und: „Personen mit höchstens einem Pflichtschulabschluss werden in Zukunft am Arbeitsmarkt noch weniger gefragt sein“, so Fritsch.

Am meisten Arbeitslose in Wien

Wien hatte im Dezember 2019 mit 12,8 Prozent die höchste Arbeitslosenquote in Österreich. Der Durchschnitt in den Bundesländern lag bei 8,5 Prozent – am wenigsten gemeldete Arbeitslose wurden in Tirol und Salzburg gezählt. Was sich durch alle Bundesländer zieht: Vor allem Männer sind von Arbeitslosigkeit betroffen. Gleichzeitig sind Stellen oft schwer zu besetzen: „Insgesamt sind 65 Prozent der offenen Stellen länger als sechs Monate unbesetzt“, so Fritsch.

Derzeit liegt die Arbeitslosenquote in Wien bei 11,4 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr sank sie in Wien 2019 um 4,7 Prozent. Die Stadt will die Arbeitslosenquote langfristig auf unter zehn Prozent senken. Auch wenn Hanke einräumt: „Da haben wir natürlich noch einen Weg vor uns.“

Man habe aber bereits einen „Beschäftigungsrekord“ erreicht: Im Jahr 2019 gab es mit 864.117 unselbstständig Beschäftigten so viele arbeitende Wiener wie noch nie. In den letzten zehn Jahren stieg die Zahl um knapp 100.000. Ein Blick auf die Bevölkerungsstatistik zeigt aber auch: Im selben Zeitraum wuchs die Bevölkerung um 217.356 Menschen.

Die Wiener scheinen jedenfalls tüchtig zu sein, wenn man das Bruttoinlandsprodukt betrachtet. Fritsch: „In Wien lebt circa ein Fünftel der österreichischen Bevölkerung, aber es wird mehr als ein Viertel des österreichischen Bruttoinlandsprodukts erwirtschaftet.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.02.2020)

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