Die Arabische Liga stärkte den Palästinensern bei ihrer Ablehnung der Nahost-Initiative des US-Präsidenten Donald Trump den Rücken. Militärische Scharmützel häufen sich.
Kairo/Jerusalem. Wegen des umstrittenen Nahost-Plans von US-Präsident Donald Trump hat Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas am Wochenende den „Abbruch jeglicher Beziehungen“ zu Israel und zu den USA verkündet. Auch die Arabische Liga erteilte dem amerikanischen Plan am Samstag eine Absage: „Der US-Vorschlag bringt weder Stabilität noch Frieden. Vielmehr sät er weitere 100 Jahre Konflikt und Leiden“, erklärte der Generalsekretär der Arabischen Liga, Ahmed Abul Gheit.
In Israel wurde am Sonntag eine geplante Kabinettssitzung abgesagt, bei der möglicherweise die Annexion von Gebieten des palästinensischen Westjordanlands beschlossen werden sollte. Premier Benjamin Netanjahu, hatte es im Vorfeld geheißen, wollte sich bei der Sitzung vom Kabinett die Einverleibung von Gebieten und Siedlungen im Westjordanland absegnen lassen. Vor einem solchen Schritt gab es international warnende Stimmen: „Jede derartige Maßnahme würde den Bemühungen um einen Neustart von Verhandlungen schaden und gegen internationales Recht verstoßen“, verlautete etwa aus dem britischen Außenministerium.
Die Entscheidung über den Abbruch sämtlicher Beziehungen gelte auch für den Sicherheitsbereich, teilte Abbas am Wochenende bei einer Dringlichkeitssitzung der Arabischen Liga in Kairo mit. Dort erhielten die Palästinenser Rückendeckung: Trumps Vorstoß sei ungerecht gegenüber den Palästinensern und erfülle die minimalen Rechte und Erwartungen der Palästinenser nicht. Die arabischen Staaten würden auch nicht mit den USA kooperieren, um den Plan umzusetzen, hieß es.
Abbas sagte, der Nahost-Plan sei eine „Verletzung der Abkommen von Oslo“, die in den 1990er-Jahren mit Israel unterzeichnet worden waren. Israel werde als „Besatzungsmacht“ der Palästinensergebiete die Verantwortung tragen müssen. Netanjahu habe er über seine Schritte in Kenntnis gesetzt, sagte Abbas. Ein von US-Seite gewünschtes Telefonat mit Trump habe er aber abgelehnt, er werde auch kein Schreiben des US-Präsidenten entgegennehmen: „Ich werde bestimmt nicht als derjenige in die Geschichte eingehen, der Jerusalem verkauft hat“, sagte Abbas wörtlich. Während die israelische Regierung zunächst nicht reagiert, kritisierte Oppositionschef Benny Gantz, Netanjahus wichtigster Herausforderer bei der bevorstehenden Wahl, die Haltung der Palästinenser. Abbas verpasse „keine Gelegenheit zur Ablehnung“ von Initiativen.
Unterdessen kam es erneut zu militärischen Zusammenstößen zwischen den Konfliktparteien. Die israelische Luftwaffe bombardierte nach eigenen Angaben am Wochenende mehrmals Ziele der radikalislamischen Palästinenser-Organisation Hamas im Gazastreifen. Die Hamas hatte zuvor erneut vom Gazastreifen aus Geschosse auf israelisches Gebiet abgefeuert. Die israelische Armee kündigte an, als Vergeltung für die wiederholten Angriffe radikaler Palästinenser die Zementlieferungen für den Küstenstreifen zu blockieren. Überdies seien 500 Genehmigungen für Grenzübertritte nach Israel ausgesetzt worden.
Russische Zweifel am US-Plan
Russland bezweifelt die Umsetzbarkeit des US-Plans. „Wir sehen die Reaktion der Palästinenser“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Sonntag russischen Agenturberichten zufolge. „Wir sehen auch die Reaktion der vielen arabischen Staaten, die gemeinsam mit den Palästinensern den Plan ablehnen.“ Außerdem widerspreche er mehreren Resolutionen der Vereinten Nationen.
Der Außenminister der Vereinigten Arabischen Emirate wiederum ging via Twitter auf den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan los, weil dieser die windelweiche Haltung mehrer Golfstaaten zu Trumps Nahost-Plan scharf gebrandmarkt hatte. Die Türkei schwelge offenbar wieder in „kolonialen Illusionen“ gegenüber der arabischen Welt, twitterte Anwar Gargash. (Reuters, AFP DPA)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.02.2020)