"Wachstum nicht durch Schulden-Auftürmen"

Schäuble:
Schäuble: "Wachstum nicht durch Schulden-Auftürmen"(c) Reuters (Thomas Peter)
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Die deutsche Kanzlerin Merkel und ihr Finanzminister Schäuble verteidigen den Sparkurs der Europäer und wehren sich gegen US-Kritik. Sparprogramme führen nicht zur Stagnation, sagt auch EZB-Chef Jean-Claude Trichet.

Unmittelbar vor Beginn der Gipfeltreffen der führenden Industrienationen und Schwellenländer wehrt sich die deutsche Regierung energisch gegen den Vorwurf, mit ihrem Sparkurs die Erholung der Weltwirtschaft zu gefährden. Mit Blick auf entsprechende Kritik vor allem aus den USA verteidigten sowohl die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel als auch Finanzminister Wolfgang Schäuble den Konsolidierungskurs als notwendig und sogar hilfreich für die Erholung der Konjunktur. Auch EZB-Chef Jean-Claude Trichet unterstützte die Argumentation.

Merkel betonte, es dürfe nicht vergessen werden, dass Deutschland in diesem Jahr eine Rekordverschuldung auf sich genommen habe, um die Weltkonjunktur und den Konsum in Deutschland zu stimulieren. Auch in diesem Jahr unternehme Deutschland für die Belebung des weltweiten Wachstums sehr viel mehr, als dies im Durchschnitt der Fall sei, sagte sie in der ARD. "Wir geben auch in diesem Jahr ungefähr 2,1 Prozent unseres Bruttoinlandsprodukts für Konjunkturmaßnahmen aus", betonte Merkel.

"Sparvorschläge sind wachstumsorientiert"

Dies habe sie auch im Gespräch mit US-Präsident Barack Obama vertreten, der gegen eine rasche Abkehr von Konjunkturprogrammen ist. "Ich habe noch einmal deutlich gemacht, dass unsere Sparvorschläge ausgesprochen wachstumsorientiert sind", sagte Merkel. Auch der Schwerpunkt der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit helfe, die Konjunktur anzukurbeln. Zur Frage, ob Obama die Argumentation akzeptiere, sagte die Kanzlerin: "Ich glaube, dass diese Argumente schon gehört wurden." Obama hatte Merkel zuletzt in einem Telefonat nach US-Angaben aufgefordert, die globalen Wachstumskräfte zu fördern. Die US-Regierung ist der Ansicht, dass es noch nicht an der Zeit ist, die zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise aufgelegten Konjunkturprogramme zurückzufahren.

Merkel kündigte zudem an, trotz gestiegener Steuereinnahmen am Sparpaket festzuhalten. "Wir werden die Anstrengungen, die wir jetzt verabredet haben, umsetzen. Ich glaube, wir sollten nicht nachlassen."

Finanzminister Wolfgang Schäuble wandte sich ebenfalls entschieden gegen das Image der Regierung als globale Wachstumsbremse. Der Vorwurf, Deutschland agiere vorschnell und bremse die anziehende Konjunktur durch das Sparprogramm, sei ungerechtfertigt, schrieb der CDU-Politiker in einem Gastbeitrag für das "Handelsblatt" am Donnerstag. "Diese Argumentation kann ich nicht nachvollziehen, schon deshalb nicht, weil Deutschland seit Ende 2008 umfangreiche Maßnahmen ergriffen hat, um die Konjunktur zu stabilisieren."

"Werden Rolle als Stabilitätsanker gerecht"

Deutschland nehme seine Verantwortung für das europäische und weltweite Wachstum wahr, "aber nicht durch das Auftürmen weiterer öffentlicher Schulden, sondern indem wir unserer Rolle als Stabilitätsanker gerecht werden." Schäuble unterstrich, die "kreditfinanzierte Stimulierung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage darf nicht zum Dauerzustand mit Drogencharakter werden". Deutschland verfolge den richtigen Weg, weil die ersten Konsolidierungsmaßnahmen 2011 in Kraft träten, "mit einem Volumen von weniger als 0,5 Prozent des BIP. Von einer Vollbremsung kann nicht die Rede sein, eher von einem maßvollen, Wachstumskräfte freisetzenden Drosseln der Neuverschuldung."

Die USA handelten dagegen "offenbar eher maßnahmenbezogen mit punktuellem Blick auf die aktuelle Situation". Das Denken in Kontinentaleuropa sei viel stärker institutionell verankert und achte darauf, dass eine als zu hoch empfundene Staatsverschuldung Ängste auslöse: "Deshalb wäre es gerade bei uns kontraproduktiv, wenn wir versuchten, durch noch höhere Staatsverschuldung für mehr Nachfrage zu sorgen."

EZB-Chef verteidigt Sparpolitik

EZB-Präsident Trichet stützte die Argumentation der Bundesregierung. In einem Interview der italienischen Zeitung "La Repubblica" sagte Trichet, mit Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung sei die Vorstellung falsch, Sparmaßnahmen könnten eine Stagnation in der Eurozone auslösen. Er sei überzeugt, dass in der gegenwärtigen Situation eine Politik der Vertrauensbildung die Erholung eher fördere als bremse, sagte Trichet. Deutschland unternehme die richtigen Schritte mit seinem Sparprogramm.

(Ag.)

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