Großbritannien

Nach dem Brexit wartet Streit am Verhandlungstisch

Die Flagge des Vereinigten Königreichs wurde eingeholt.
Die Flagge des Vereinigten Königreichs wurde eingeholt.APA/AFP/POOL/OLIVIER HOSLET
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Premierminister Boris Johnson will sich nicht mehr auf EU-Standards einlassen. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen versucht ein „Rosinenpicken“ zu verhindern.

Nach dem Brexit wollen Großbritannien und die EU heute ihre jeweiligen Verhandlungslinien für die künftigen Beziehungen umreißen. Ziel ist ein Handels- und Partnerschaftsabkommen bis zum Jahresende, erwartet wird eine schwierige Kompromisssuche, wenn die Verhandlungen in etwa vier Wochen beginnen. Beide Seiten verschärfen im Vorfeld bereits den Ton.

Großbritannien hatte die Europäische Union in der Nacht auf Samstag nach 47 Jahren verlassen. Praktisch hat sich aber noch fast nichts geändert, weil innerhalb einer Übergangsfrist alle EU-Regeln im Vereinigten Königreich weiter gelten. Erst am 31. Dezember ist es damit vorbei.

Premierminister Boris Johnson will am Vormittag in einer Rede vor Geschäftsleuten und Diplomaten erklären, wie es danach aus britischer Sicht weitergehen soll. Im Voraus verbreiteten Redeauszügen zufolge will sich Johnson auf keinen Fall vertraglich auf die Einhaltung von EU-Standards bei Umweltschutz, Arbeitnehmerrechten und staatlichen Wirtschaftshilfen festlegen lassen. Es gebe für Großbritannien genauso wenig Grund dazu, wegen eines Freihandelsabkommens die Regeln der EU in Kauf zu nehmen, wie andersherum, so Johnson. "Großbritannien wird die höchsten Standards in diesen Bereichen beibehalten, besser in vielerlei Hinsicht als die der EU - ohne den Zwang eines Vertrags, und es ist elementar, das jetzt zu betonen."

Vorbild Australien statt Kanada?

Laut "Sunday Telegraph" soll Johnson der EU intern vorwerfen, die Bedingungen für ein umfassendes Handelsabkommen verschärft zu haben. Sollte ein Handelsabkommen nach dem Vorbild Kanadas nicht möglich sein, würde er auch losere Beziehungen zur EU wie etwa Australien in Kauf nehmen, so der Premier. Für die Wirtschaft käme das wohl dem gefürchteten No-Deal-Szenario gleich.

In Brüssel äußert sich EU-Chefunterhändler Michel Barnier am Montag seinerseits in einer Pressekonferenz. Die EU beteuert zwar, sie wolle engstmögliche Beziehungen mit dem traditionellen Partner und Nachbarn. Sie pocht aber auf gleiche Wettbewerbsbedingungen. Die Formel lautet: "Keine Zölle, keine Kontingente, kein Dumping."

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat klargestellt, dass sie alle strittigen Fragen im Paket klären will und es kein "Rosinenpicken" geben soll. Bevor die Verhandlungen starten können, müssen die 27 bleibenden EU-Staaten die gemeinsame Linie billigen. Termin dafür ist der 25. Februar.

(APA/dpa)

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