Neue Koalition

Albin Kurti: Kosovos „ewiger Rebell“ wird Premier

Albin Kurti.
Albin Kurti.(c) APA/AFP/STRINGER (STRINGER)
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Albin Kurti trat stets als Kämpfer gegen das Establishment auf. Nun muss er Lösungen für den Streit mit Belgrad und die schlechte Wirtschaftslage finden.

Belgrad/Pristina. Vor wenigen Jahren hatte der „ewige Rebell“, Albin Kurti, im Parlament noch Tränengasgranaten gezündet. Nun soll der Kämpfer gegen das Establishment die Regierung des Kosovo führen: Am Montagabend wurde die von seiner linksnationalen Vetëvendosje (Selbstbestimmung; LVV), der liberalen LDK und einigen Minderheitenabgeordneten gebildete Regierung durch das Parlament bestätigt, mit 86 Stimmen (bei zehn Enthaltungen).

Erstmals seit der Unabhängigkeit von 2008 sitzt keine der aus der früheren Untergrundarmee UÇK hervorgegangenen Parteien mit am Kabinettstisch. Doch obwohl sich die bisherigen Oppositionsparteien LVV und LDK gemeinsam dem Kampf gegen Korruption, für rechtsstaatliche Verhältnisse und wirtschaftliche Erneuerung verschrieben haben, war ihre „Koalition der Hoffnung“ nach der Parlamentswahl Anfang Oktober alles andere als eine leichte Geburt. Erst im letzten Moment, zwei Tage vor Ende der gesetzlichen Frist, konnten die misstrauischen Partner ihren Koalitionspoker am Wochenende beenden. Am Ende gestand Kurtis „Selbstbestimmung“ den Posten des Parlamentsvorsitzenden der LDK zu.

Gerangel um Posten

Ob bei den geplanten Reformen im Gesundheits- und Erziehungswesen, dem Aufbau einer Armee, der Ablehnung eines Gebietsaustauschs mit Serbien oder der Entmachtung von Staatschef Hashim Thaçi beim festgefahrenen Dialog mit Belgrad: Inhaltlich konnten sich die Koalitionäre bereits im November auf ein Programm einigen. Doch mit ihrem Stotterstart und dem kleinlichen, über die Medien ausgetragenen Postengerangel haben die Partner das Vertrauen in ihr Bündnis schon vor Amtsantritt untergraben.

Mit seiner unnachgiebigen Haltung gegenüber dem fast gleich starken Partner hat Kurti seinen Ruf bestätigt, kein Teamspieler zu sein. Umgekehrt hat LDK-Chef Isa Mustafa beim Koalitionsgezerre deutlich gemacht, dass es mit der im Wahlkampf verkündeten Verjüngung seiner Partei nicht weit her ist. Offenbar hat noch die alte Garde das Sagen: So verweigerte Mustafa der LDK-Spitzenkandidatin Vjosa Osmani die Übernahme des Innenministeriums.

Spätestens wenn das Mandat von Präsident Thaçi 2021 endet, dürfte der Streit um dessen Nachfolge ausbrechen – und zu einer der Bruchstellen der Koalition werden. Die größte Herausforderung für die neue Regierung wird aber das von der EU geforderte Nachbarschaftsabkommen mit Serbien sein. Kurti will eine härtere Gangart gegenüber Serbien und Kriegsreparationen fordern. Die von Belgrad ferngesteuerte „Serbische Liste“ hat der neuen Regierung die Unterstützung versagt, die üblicherweise von der Minderheitspartei kommt. Ob die unwilligen Nachbarn eine Annäherung bewerkstelligen, scheint ungewisser als je zuvor.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.02.2020)

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