Eröffnung

Kulturhauptstadt Rijeka und der sozialistische Stern

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Das fulminante Eröffnungsspektakel hat Kroatiens rechte Kreise erzürnt.

Es war eine Premiere wie ein Paukenschlag. Hart schrummten unter den Hafenkränen von Rijeka die Gitarren. Hell sprühten von den Stahlträgern die Funken. Dumpf dröhnte das Schlagwerk, als ein in Blaumänner gekleideter Chor zum großen Finale der Industrieoper ansetzte: Mit der italienischen Partisanenhymne „Bella Ciao“ hat die kroatische Hafenmetropole am Wochenende ihr Jahr als Europas neue Kulturhauptstadt eröffnet.

Die aus Zagreb und Brüssel angereisten Würdenträger, Kunstschaffenden und Journalisten reagierten überwiegend angetan auf das fulminante Spektakel, das an die industriellen und antifaschistischen Traditionen der Vielvölkerstadt erinnerte. Keine Begeisterung kommt hingegen in Kroatiens rechten Kreisen auf. In den sozialen Netzwerken wettern empörte Patrioten über die „Schande“ und den „globalen Kulturimperialismus“ von „Kommunisten und Transvestiten“.

Außer an „Bella Ciao“ stören sich rechtsnationale Politiker und Kriegsveteranenverbände vor allem an der Straßenausstellung „Rijeka, Zeiten und Schritte“, die den Zeitenlauf der Stadt während der vergangenen 116 Jahre in zwölf Staaten auch anhand von deren Flaggen zeigt: Stein des Anstoßes ist für sie der Stern auf der Fahne des sozialistischen Jugoslawien.

„Jugonostalgie provinzieller Linker“

Diese sei ein Symbol eines „totalitären Regimes“, das für unzählige Verbrechen verantwortlich sei, wütet Ivan Penava, der konservative HDZ-Bürgermeister von Vukovar. Die Symbole eines „Verbrecherregimes“ auf den Straßen Rijekas seien eine Beleidigung der Bürger, sagt die rechtsnationale Europaabgeordnete Ruža Tomašić über die „Jugonostalgie provinzieller Linker“. Kriegsveteranen in Split warnen die „Genossen aus Rijeka“ gar, ihre Geduld mit den Provokationen „nicht überzustrapazieren“: „Die Folgen könnten enorm sein.“

Erstmals stellt Kroatien eine Kulturhauptstadt. Umso auffälliger war die Abwesenheit der konservativen Regierungsspitzen bei der Eröffnung des Kulturspektakels im „roten“ Rijeka. „Nichts Zweifelhaftes“ vermochte derweil der künftige Präsident Zoran Milanović bei der Premiere zu erkennen: Rijeka sei eben eine Stadt des Punk und Rock – und nicht des Schlagers. Auch das Plakat mit Jugoslawiens Flagge sei für ihn „keineswegs kontrovers“: „Unabhängig, welche Emotionen man gegenüber Jugoslawien hat – es ist nicht die Fahne des Dritten Reichs.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.02.2020)

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