Premier Michail Mischustin knüpfte einst als Veranstalter von Hockey-Turnieren Kontakte zur politischen Elite. Als Chef der Steuerbehörde steigerte er die Budgeteinnahmen. Nun soll er die Wirtschaft wieder zum Laufen bringen.
Moskau. Als Michail Mischustin vor zehn Jahren seinen Posten als Chef der russischen Steuerbehörde FNS antrat, sprach er von seiner Vision des Staatsorgans: Eine „Serviceeinrichtung“ sollte aus der Einrichtung werden, mit zufriedenen Steuerzahlern als Kunden. Das klang wie ein Science-Fiction-Szenario in einem Land, in dem Behörden entweder ineffizient oder unberechenbar sind. Oder sogar beides. Doch Mischustin machte ernst mit der digitalen Transformation. Mit Hilfe moderner Informationstechnologie und zeitgemäßen Kontrollinstrumenten gelang ihm eine Verdopplung der Steuereinkünfte innerhalb der vergangenen Dekade. Die Anhebung der Mehrwertsteuer um zwei Prozent im Jahr 2019 spülte zusätzlich Geld in die Staatskassen. Die russischen Steuereintreiber mögen noch immer nicht besonders beliebt sein, zumindest aber gilt die FNS als funktionierendes Organ.
Als Beamter im Dienste der Bürger präsentiert sich Mischustin auch jetzt, nachdem Präsident Wladimir Putin den 53-Jährigen im Jänner überraschend ins Amt des Regierungschefs gehievt hat. Seine Aufgabe ist nicht leicht: Er soll die stagnierende Wirtschaft wieder zum Laufen bringen, die dieses Jahr nach jüngsten Zahlen der russischen Statistikbehörde um nur 1,3 Prozent gewachsen ist. Mischustin soll die Sozialausgaben effizient verteilen und die großen staatlich initiierten Infrastrukturprojekte umsetzen. Auch dass er die sinkenden Reallöhne anheben wolle, versprach er. Ob er das Versprechen einlösen kann, ist unklar.