Privatbahn-Betreiber: „ÖBB picken die Rosine nicht“

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Die Tickets der Haselsteiner-Privatbahn sollen halb so viel kosten wie jene der ÖBB. Man wolle damit dem Bahnverkehr zusätzliche Attraktivität verleihen und nicht etwa der ÖBB schaden, so Haselsteiner.

Wien (jaz).Auffällig zahm gaben sich am Mittwochabend Bau-Tycoon Hans Peter Haselsteiner und Ex-ÖBB-Vorstand Stefan Wehinger, als sie am Rande einer Buchpräsentation die Details für ihr 2011 startendes Privatbahnprojekt erläuterten. „Wir wollen damit nicht den ÖBB schaden, sondern wir hoffen, dass der Bahnverkehr dadurch zusätzliche Attraktivität gewinnt“, sagte Haselsteiner. Bei der Staatsbahn dürfte man die Sache freilich anders sehen. Wie bereits berichtet, will die von Haselsteiner und Wehinger gegründete Rail Holding ab 11. Dezember 2011 den ÖBB auf deren wichtigster Strecke – der Westbahn – Konkurrenz machen.

Gleich schnell trotz mehr Stopps

Ab diesem Tag (an dem auf den Winterfahrplan umgestellt wird) soll im Stundentakt 13-mal pro Tag ein „privater“ Zug zwischen Wien und Salzburg verkehren. „Trotz sieben Stopps auf dieser Strecke werden wir gleich schnell sein wie die ÖBB mit nur drei Stopps“, so Haselsteiner weiter. Grund dafür seien die Züge, die beim Schweizer Zughersteller Stadler in Auftrag gegeben wurden. Diese könnten schneller beschleunigen als die neuen Railjet der ÖBB, weshalb die Stopps nicht so stark ins Gewicht fielen.

Auch vom Komfort verspricht Wehinger die „Qualität der 1. Klasse zum Preis der 2. Klasse“. Die Tickets sollen nämlich so viel kosten wie der Halbpreis bei den ÖBB, den man mit einer Vorteilscard erhält. „Bei uns kann diesen Preis aber jeder haben, auch wenn er nicht regelmäßig fährt und daher keine Vorteilscard hat“, sagt Wehinger. Wann sich das Projekt mit einem Investitionsvolumen von 130 Mio. Euro rechnet, will Haselsteiner nicht sagen. „Wir planen aber von Anfang an, keinen Verlustbetrieb aufzumachen.“

Den Vorwurf der „Rosinenpickerei“ weisen die künftigen Bahn-Konkurrenten zurück. „Die ÖBB picken diese Rosine ja selbst nicht. Auf dieser Strecke könnten sie viel häufiger fahren, um sie attraktiver zu machen. Erst durch uns haben die Bahnkunden nun einen Halbstundentakt“, sagte der Exchef der Schweizer Bundesbahnen (SBB) und jetzige Rail-Holding-Aufsichtsratschef Benedikt Weibel. Der Grund für den Erfolg der SBB sei gerade die Einführung eines Taktfahrplans mit Umsteigeknoten zu jeder halben Stunde gewesen.

„ÖBB haben andere Probleme“

Dass die ÖBB mit zusätzlichen Angeboten ihre Marktmacht ausspielen könnten, befürchten Haselsteiner und Wehinger nicht. „Die ÖBB haben so viele andere Probleme – beispielsweise ihre aufgeblasene Struktur. Sie werden daher auf uns nicht wirklich reagieren können“, sagt Haselsteiner. Und auch für sein Bauunternehmen Strabag befürchtet er keine Nachteile bei Auftragsvergaben der ÖBB. „Erstens ist die Rail Holding ein privates Projekt von mir. Zweitens muss die Strabag ohnehin Bestbieter sein, um einen Auftrag zu erhalten. Kleinere Sticheleien auf der emotionalen Ebene mag es geben. Die muss man aber aushalten.“

Dennoch ist man bei der Rail Holding um betont freundliche Worte für den Nochmonopolisten bemüht. Nur beim Thema Sauberkeit der Toiletten findet Haselsteiner drastische Worte. „Bei uns wird es getrennte WCs für Damen und Herren geben. Denn es ist eine Zumutung für jede Dame, ein Häusl der ÖBB zu benutzen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.06.2010)

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