Sebastian Kurz soll die Korruptionsstaatsanwaltschaft ein Netzwerk roter Staatsanwälte genannt haben - und erntet heftige Kritik. Der Kanzler kontert - und lädt zu einem Runden Tisch.
Nach Opposition und Staatsanwälten, tritt nun auch die Richtervereinigung "pauschalen Unterstellungen" gegen die Justiz entgegen. Solche könnten "zum Verlust des Vertrauens der Bevölkerung in den Rechtsstaat führen", hielt Präsidentin Sabine Matejka in einer Stellungnahme zu angeblich vertraulichen Aussagen von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) über die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, fest. "Dem muss entgegen getreten werden", betonte Matejka und pflichtete Justizministerin Alma Zadic (Grüne) "uneingeschränkt" bei, dass "die WKStA objektiv und unabhängig von der Parteizugehörigkeit ermittelt und arbeitet".
"Weder Gerichte noch Staatsanwaltschaften lassen sich von parteipolitischen oder anderen unsachlichen Motiven leiten. Staatsanwaltschaftliches Handeln unterliegt nicht zuletzt auch der Kontrolle unabhängiger Gerichte", meinte die Richtervereinigung - und verwies auf den ausgezeichneten Ruf, den Österreichs Justiz "zu Recht" genieße. Sachliche Kritik sei aber selbstverständlich zulässig, auch die Justiz müsse sich kontinuierlich weiterentwickeln und mit Fehlern auseinandersetzen.
Kurz: „Habe das so nicht formuliert“
Die Unabhängigkeit der Justiz und die Gewaltentrennung seien wesentliche Säulen des Rechtsstaats. Die Verfassung bestimme, dass alle Staatsbürger vor dem Gesetz gleich sind. "Die Bevölkerung darf darauf vertrauen, dass sich die österreichische Gerichtsbarkeit strikt an diese Grundsätze hält", betonte Matejka. Und pochte auf die erforderlichen Rahmenbedingungen, damit die Staatsanwaltschaften ihre Aufgaben weiter unabhängig von politischer oder sonstiger Einflussnahme erfüllen können.
Anlass für die Stellungnahme sind angebliche Aussagen von Kurz, die in einem nicht zur Zitierung freigegebenen Hintergrundgespräch am 20. Jänner in der Politischen Akademie der ÖVP gefallen sein sollen. Sie wurden nun in einem Leitartikel der Wochenzeitung "Falter" öffentlich gemacht. Demnach soll Kurz die WKStA sinngemäß als Netzwerk roter Staatsanwälte bezeichnet haben, das gezielt gegen ÖVP-Politiker vorgehe und Akten nach außen spiele.
Kurz nahm zu der Causa zunächst nicht Stellung. Mittwochabend meinte er dann aber in Brüssel, er habe "das so nicht formuliert". Österreich habe "in Summe" ein gut funktionierende Justiz, aber es müsse legitim sein, "gewisse Prozesse zu hinterfragen" - habe es doch "den einen oder anderen Anlassfall gegeben".
Runder Tisch im Bundeskanzleramt
Donnerstagfrüh folgte die Ankündigung, der Regierungschef lade in der Debatte zu einem Runden Tisch ins Kanzleramt. Thema des Treffens sollen "Defizite und Verbesserungspotenziale" in der WKStA sein, neben Kurz sollen die Standesvertreter sowie Zadic und Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) teilnehmen. Konkret sollten dabei die drei Punkte Verfahrensdauer, das Vertrauen in die Justiz sowie Unabhängigkeit und Objektivität besprochen werden.
„In der Causa WKStA bleibe ich dabei, dass es legitim ist, bestimmte Abläufe und Prozesse kritisch zu hinterfragen, denn eine unabhängige und funktionierende Justiz ist ein wesentlicher Bestandteil unseres demokratischen Rechtsstaats", betonte Kurz. "Deshalb möchte ich mit den Standesvertretern sowie der Justiz- und der Kanzleramtsministerin die aktuellen Kritikpunkte sowie jene der vergangenen Jahre bei einem runden Tisch im Bundeskanzleramt ansprechen und diskutieren, um anschließend die im Regierungsprogramm vorgegebenen Ziele rasch in Umsetzung zu bringen."
(APA/Red.)