Causa Casinos

Regierung schlittert mit geplanter Kanzler-Konferenz in Justizdebatte

(c) APA/BARBARA GINDL (BARBARA GINDL)
  • Drucken

Kurz lud Standesvertreter nach seiner Kritik an der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ins Kanzleramt ein. Die Opposition sieht eine Einmischung in die Agenden der Justizministerin.

Die türkis-grüne Regierung von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat eine Justizdebatte am Hals. Auslöser war jedoch nicht die finanzielle Not der Justiz, sondern ein Runder Tisch, zu dem Kurz die Standesvertreter nach seiner Kritik an der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) eingeladen hat. Die Opposition sieht das als Einmischung in die Agenden von Justizministerin Alma Zadic (Grüne).

Der am Donnerstag angekündigte Runde Tisch ist eine Reaktion von Kurz auf heftige Kritik an einem Hintergrundgespräch von Mitte Jänner, über das der "Falter" am Mittwoch schrieb. Dort habe der Kanzler vor mehreren Dutzend Journalisten die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft als ein Netzwerk roter Staatsanwälte bezeichnet, die einseitig in Richtung der ÖVP ermittelten. "Das habe ich so nicht formuliert", verteidigte sich Kurz am Mittwoch. Trotzdem riss die Kritik nicht ab, weswegen Kurz in die Offensive ging und das Thema Justiz zur Chefsache erklärte.

Die Konferenz im Kanzleramt mit den Standesvertretern, Justizministerin Alma Zadic (Grüne) und Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) solle "zeitnah" stattfinden, kündigte das Büro von Kurz am Donnerstag an. Ein genauer Termin steht noch nicht fest. Die Opposition sieht den Runden Tisch jedoch nicht als Angebot an die Beteiligten, um "Defizite und Verbesserungspotenziale" in der WKStA zu besprechen, wie Kurz es nannte. Sie sieht das Treffen als Affront gegen die zuständige Justizministerin Zadic.

Die SPÖ forderte eine Entschuldigung von Kurz für seine Angriffe gegen die WKStA. Das sei "unvertretbar und strikt abzulehnen", sagte Justizsprecherin Selma Yildirim und stellte klar: "Diese roten Netzwerke gibt es nicht." SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch wertete die aktuellen Aussagen von Kurz als "Doppelangriff" - auf die unabhängige Justiz und die grüne Justizministerin Zadic.

Ähnlich äußerten sich die Neos. Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger sieht in dem Runden Tisch einen weiteren Versuch von Kurz, die unabhängige Justiz unter seine Kontrolle zu bringen. "Erst schießt der Kanzler in einem Hintergrundgespräch die unabhängige Justiz mutwillig an, dann will er die Probleme, die er selbst geschaffen hat, lösen und führt damit die zuständige Justizministerin vor", kritisierte sie die Einmischung des Kanzlers.

"Flucht nach vorne von jemandem, der ertappt worden ist"

Die FPÖ ortete hingegen eine "Flucht nach vorne von jemandem, der ertappt worden ist". Das sagte Klubchef Herbert Kickl im Ö1-Radio in Anspielung auf die vom "Falter" veröffentlichten Inhalte des Hintergrundgesprächs.

Kurz verteidigte seine Vorgehensweise am Donnerstag. "In der Causa WKStA bleibe ich dabei, dass es legitim ist, bestimmte Abläufe und Prozesse kritisch zu hinterfragen, denn eine unabhängige und funktionierende Justiz ist ein wesentlicher Bestandteil unseres demokratischen Rechtsstaats", erklärte er. Die Justiz solle "unabhängig und objektiv arbeiten", fügte er hinzu.

In Schweigen gehüllt hat sich am Donnerstag Justizministerin Zadic selbst. Trotz Aufforderungen der Opposition, sich schützend vor die Justiz zu stellen, war aus ihrem Büro kein Kommentar zu den Vorgängen in ihrem Zuständigkeitsbereich zu vernehmen.

Bei der Vereinigung der Staatsanwälte bzw. deren Präsidentin Cornelia Koller ist die Botschaft vom Runden Tisch lediglich via Medien angekommen, sagte sie. Koller sei zu einem persönlichen Gespräch bei Kanzler Kurz eingeladen, davon erhoffe sie sich nach den Berichten über das Hintergrundgespräch "Klarheit über das Gesagte und Maßnahmen zur Förderung des Vertrauens in die Justiz".

Die WKStA reagierte in der Debatte um ihre Ermittlungen in der Casinos-Affäre empört auf den Vorwurf des parteipolitischen Handelns und wies diesen entschieden zurück. "Wir verwehren uns gegen unsubstanziierte, öffentliche Spekulationen, die den Vorwurf der Verletzung des Amtsgeheimnisses und den Anschein parteipolitischen Handelns in den Raum stellen", hieß es in einer Stellungnahme.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Langjähriger Justizsprecher Hannes Jarolim
Parteien

Ex-SPÖ-Justizsprecher Jarolim verteidigt Papier von 1997

Der langjährige SP-Justizsprecher sagt, die ÖVP habe davor selbst eigene Leute in der Justiz untergebracht.
Justitia im Justizpalast
Justiz

SPÖ-Aktenvermerk: "Junge Genossen in Richterämter bringen"

Es sei „zu überlegen, wie sich die Partei noch mehr als bisher einbringen kann“, heißt es in einem Aktenvermerk aus dem Jahr 1997. Im Zuge der Reform des Richterdienstgesetzes wird darüber nachgedacht, „ein vernünftigeres Auswahlverfahren zu treffen“.
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ist durch kolportierte Aussagen von Kanzler Sebastian Kurz ins Gerede gekommen.
Rechtsstaat

Kanzler vs. Justiz: Wie es zum Konflikt kam

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft machte in Verfahren nicht immer die beste Figur. Für eine politische Schlagseite der Behörde gibt es aber keinen Beweis. Gesprächsbedarf besteht beim Gipfeltreffen genug.
Archivbild von Walter Geyer, dem eheamligen Leiter der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft.
Justiz

Ex-Chef der Korruptions­staatsanwalt­schaft attackiert Kurz

Geyer macht in Interviews mit mehreren Medien klar, dass er Kurz' Aussagen als „Angriff auf die Justiz“ sieht und zieht Vergleiche mit Italien unter Berlusconi.
WKStA-Leiterin Ilse-Maria Vrabl-Sanda muss sich Kritik gefallen lassen.
Analyse

WKStA: Wie es um die Anklagebehörde steht

Sachliche Diskussionen zu den nötigen Reformen der Antikorruptionsstaatsanwaltschaft werden durch parteipolitische Grabenkämpfe verunmöglicht.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.