Die Vorlesungen des FPÖ-nahen Historikers Lothar Höbelt sorgen für hitzige Diskussionen - auch auf den Meinungsseiten der „Presse“. Diskutieren Sie mit: Wie steht es um die Meinungsfreiheit an Österreichs Unis?
Der Historiker Lothar Höbelt ist FPÖ-nahe, trat auf Diskussionsveranstaltungen von Burschenschaften auf, hält an der Universität Wien die Vorlesung „Die Zweite Republik (Österreich)“ - und sieht sich immer wieder mit massiven Protesten konfrontiert. Den Identitären kam das nur gelegen, weshalb sie sich bereitwillig für den „Saalschutz“ verpflichteten.
Warum die Aufregung so groß ist, das kann „Presse"-Feuilleton-Chef Thomas Kramar, der eine Vorlesung besuchte, nicht nachvollziehen. Es sei denn, man wolle eine Gesellschaft, „in der alle in der Mitte stehen und alle gleich denken.“ Kramar: „An eine solche wollen wir lieber nicht glauben, schon gar nicht an einer Universität, einem Ort des freien Geistes.“ Das sieht auch die neue Rektorenchefin Sabine Seidler im „Presse"Gespräch so: „Eingreifen würde ich erst dann, wenn in diesem Diskurs verfassungsrechtlicher Boden verlassen wird. Sonst bin ich der Ansicht: Wenn wir an der Universität nicht mehr kontroversiell diskutieren können, wo dann?"
Auch wenn Unis die Freiheit der Wissenschaft beschwören, sehen Gastkommentatoren in der „Presse“ ebendiese in Gefahr. Etwa Jurist Peter Fitl, der Höbelts Vorlesungen besuchte. Auch Historiker Michael Pammer von der Uni Linz erklärt, Höbelts Forschung sei in Ordnung, seine Meinungen seinen „innerhalb der gesetzlichen Schranken“, seine FPÖ-Nähe Privatsache. Sein Kollege Thomas Angerer schreibt dagegen: „Je größer die Freiheit, desto größer die Verantwortung. In Wissenschaft und Universität gilt das ebenso wie im sonstigen Leben, erst recht in der Politik.“ Medienäußerungen Höbelts seien nicht privat, da er schließlich als Universitätsprofessor auftrete. Auch mit Höbelts Ansichten zum Zweiten Weltkrieg geht Angerer hart ins Gericht.
Nicht die erste Debatte
Es ist nicht das erste mal in jüngster Vergangenheit, dass eine Debatte um Meinungsfreiheit an Universitäten losgetreten wurde: Erst vor kurzem sorgte ein Vortrag der deutschen Feministin Alice Schwarzer an der Angewandten für Aufregung.
Zurecht? Querschreiberin Anna Goldenberg befasste sich mit der Boykottbewegung „Cancel Culture“. Der Begriff umschreibt, dass politisch unliebsame Menschen durch öffentlichen Protest mundtot gemacht werden. Goldenberg sagt, wer die Bewegung verurteile, mache es sich zu einfach: „Es ist unangenehm, aber richtig, anstößige Positionen aufzuarbeiten."
Übrigens: Auch Bettina Steiner hat sich mit dem Thema „Political Correctness“ und Moral befasst. In ihrer wöchentlichen Kolumne schreibt sie: „Die Zeiten sind nicht 'moralischer' und auch nicht politisch korrekter. Fragen Sie die Frauen. Oder Schwule. Oder einfach mich“.
(sk)
Diskutieren Sie mit: Ist die Freiheit an den Universitäten in Gefahr? Welchen Platz sollte die Politik an der Uni haben? Wo hört die Meinungsfreiheit auf? Und: Dürfen wir heute weniger als früher?