Analyse

Die EU-Handelspolitik steckt in der Krise

Für das Mercosur-Abkommen sieht es düster aus.
Für das Mercosur-Abkommen sieht es düster aus.(c) REUTERS (Andres Martinez Casares)
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Vetodrohungen gegen fertige Freihandelsabkommen, Erpressungsversuche der USA, Probleme bei der Durchsetzung sozialer und Umweltnormen – der treffsicherste Pfeil im geopolitischen Köcher der EU wird zusehends stumpf.

Brüssel. 70:0, einstimmig: Klarer hätte der Beschluss des wallonischen Parlaments gegen das fertig verhandelte Freihandelsabkommen der EU mit den Mercosur-Staaten am Mittwoch nicht ausfallen können. Sozialisten, Grüne, Liberale und Christdemokraten waren sich einig, dass die Vereinbarung mit dem Bündnis von Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay nicht „den sozialen, sanitären und Umweltkriterien gerecht werden, die in Europa gelten.“ Wie schon vor vier Jahren, als das Regionalparlament den Handelsvertrag der Union mit Kanada namens Ceta beinahe verhindert hätte, blockiert der französischsprachige Teil Belgiens ein Schlüsselprojekt der europäischen Außenhandelspolitik.

Doch während die Kanadier kraft enormen diplomatischen Einsatzes Ceta doch noch über die Bühne brachten, sieht es für das Mercosur-Abkommen nun düster aus. Im Regierungsabkommen von ÖVP und Grünen ist die Ablehnung der Ratifizierung des Textes „in der derzeitigen Form“ festgeschrieben. Bundeskanzler Sebastian Kurz wird trotz seiner sonstigen Nähe zur Wirtschaft und den Unternehmerverbänden nicht müde, sein Nein zum Deal kundzutun.

Widerstand gibt es auch in Frankreich und Irland. Leitmotiv der Gegnerschaft zum erweiterten Waren- und Dienstleistungsaustausch mit den Südamerikanern: die Angst vor dem Import billigen Rindfleisches. Da ist es für Befürworter des Abkommens – allen voran die Europäische Kommission, welche es ausverhandelt hat – nicht hilfreich, dass seit Amtsantritt von Brasiliens autoritär geneigtem Präsidenten, Jair Bolsonaro, um 70 Prozent mehr Amazonas-Regenwald brandgerodet wurde als im Jahr zuvor. Doch das ist nicht der einzige Krisenfall der europäischen Handelspolitik.

Ärger mit Kambodscha

Das Abkommen mit Mexiko, unter großem Getöse im April 2018 fertig verhandelt, harrt seit nun bald zwei Jahren der Ratifizierung. Es kann deshalb nicht in Kraft treten, weil in der Zwischenzeit der Linkspopulist Andrés Manuel López Obrador Staatspräsident wurde und Nachbesserungen des Kapitels über die öffentliche Auftragsvergabe fordert. „Diese Fragen sind noch offen“, sagte ein Sprecher der Kommission am Donnerstag.

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