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Lehrer-App: Der Neustart rückt näher

Die umstrittene App, mit der Schüler ihre Lehrer mit einem bis fünf Sternen bewerten können, könnte bald wieder online gehen.
Die umstrittene App, mit der Schüler ihre Lehrer mit einem bis fünf Sternen bewerten können, könnte bald wieder online gehen.APA/GEORG HOCHMUTH
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Die Datenschutzbehörde hat keine Einwände. Auch das Ministeriumsgutachten hält die Plattform für zulässig – hat aber Bedenken bei Schülerdaten. Die Lehrer laufen weiter Sturm.

Wien. Die umstrittene App, mit der Schüler ihre Lehrer mit einem bis fünf Sternen bewerten können, könnte bald wieder online gehen. Denn die Datenschutzbehörde hat ihr Verfahren gegen „Lernsieg“ eingestellt. Und: Auch das Gutachten, das das Bildungsministerium über die Anwendung in Auftrag gegeben hat, hat keine grundsätzlichen Einwände gegen eine solche Plattform.

Die Betreiber der Bewertungsplattform, die von dem 18-jährigen Schüler Benjamin Hadrigan erfunden wurde, sind derzeit dabei, Vorkehrungen für den Neustart der App zu treffen, wie es am Freitag hieß. Man freue sich über das Ergebnis der Datenschutzprüfung – und sei sich der Verantwortung, die man gegenüber Schülern und auch Lehrern habe, bewusst.

Aus der Datenschutzbehörde heißt es: Die Verarbeitung der Lehrerdaten steht im Einklang mit der Datenschutzgrundverordnung. Zudem schätzt die Behörde die Interessen der Allgemeinheit bzw. der Schüler wichtiger ein als den Datenschutz der Lehrer. Das Gutachten des Ministeriums kommt zu dem Schluss, dass eine derartige Plattform „prinzipiell rechtlich zulässig“ ist, wie „Die Presse“ erfuhr.

Mit der kostenlosen App konnte man sowohl Lehrer als auch Schulen in verschiedenen Kategorien bewerten – vom Unterricht bis zur Sauberkeit des Hauses. Dafür konnten einer bis fünf Sterne vergeben werden, zudem konnte man angeben, in welchen Bereichen man Verbesserungsbedarf sieht.

Nutzer mussten sich per Handynummer registrieren, um mehrfache Bewertungen auszuschließen. Die App wurde in kurzer Zeit von mehreren zehntausend Nutzern heruntergeladen, allerdings nur vier Tage nach dem Start vergangenen November aufgrund von Hassnachrichten gegen den Erfinder wieder vom Netz genommen.

Die Lehrervertreter waren bereits vor der Veröffentlichung der App Sturm gelaufen und kündigten an, alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Onlinebewertung von Lehrern zu verhindern. Insgesamt entbrannte eine größere Diskussion darüber, ob es sinnvoll bzw. überhaupt erlaubt ist, Lehrer so zu bewerten.

Die Datenschutzbehörde hält nun unter anderem fest, dass die App die berufliche Tätigkeit des Lehrers betreffe, die sich ohnedies immer im Kontakt mit der Umwelt abspiele. „Die Berufsgruppe der Lehrer muss sich daher von vornherein auf die Beobachtung ihres Verhaltens durch eine breite Öffentlichkeit und auf Kritik an den Leistungen einstellen.“

Die Behörde räumt ein, dass Schüler auch andere Lehrer als die eigenen bewerten und unsachliche Bewertungen abgeben können, das sei aber dem anonymen Internet bzw. Bewertungsplattformen immanent. Bei der Registrierung und bei der Tatsache, dass keine verbalen Bewertungen abgegeben werden können, sticht die Plattform sogar positiv hervor.

Das Gutachten, das im Auftrag des Bildungsministeriums erstellt wurde, hält solche Plattformen für prinzipiell zulässig. Bedenken gibt es aber auch – nämlich hinsichtlich der Daten der Schüler, die die Lehrer auf Plattform bewerten. Im Detail soll das Gutachten kommende Woche vorgestellt werden.

„Gericht wird entscheiden“

Die Lehrervertreter geben ihren Widerstand gegen die App jedenfalls noch lang nicht auf – und haken unter anderem auch bei dem ministeriellen Gutachten ein: Die Bewertungsapp sei „eine riesige Handynummernsammelaktion“, sagt der oberste Gewerkschafter Paul Kimberger zur „Presse“.

Auch aus Lehrerperspektive ist die Sache für ihn noch lang nicht vorbei. Es gebe Musterklagen gegen die App, in einem Fall habe ein Gericht die Betreiber bereits zu einer Stellungnahme aufgefordert. „Ganz egal, welche Gutachten jetzt da sind – entscheiden wird das das Gericht.“ (beba/APA)

AUF EINEN BLICK

Lernsieg heißt die umstrittene App, mit denen Schüler ihrer Lehrer und ihre Schule bewerten können. Es geht dabei etwa um Unterricht, Respekt, Geduld, Fairness, Motivation oder Erklärungsstil. Auch bewertet werden kann die Schule, zum Beispiel die Sauberkeit. Schüler können dabei nach dem Muster von Hotelbewertungen jeweils einen bis fünf Sterne vergeben. Sie können außerdem auch auswählen, in welchen Bereichen sie Verbesserungsbedarf sehen.

Die App wurde am 15. November 2019 lanciert und binnen weniger Tage von Zehntausenden Nutzern heruntergeladen. Es gab knapp 130.000 Bewertungen, die Lehrer wurden im Schnitt mit 3,96 Sternen beurteilt. Nach vier Tagen wurde sie wieder aus dem Netz genommen, nachdem der Erfinder Benjamin Hadrigan Hassnachrichten erhalten hatte. Der 18-Jährige gilt als Erfinder der App, umgesetzt hat er sie mit einer Gruppe privater Investoren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.02.2020)

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