Im Streit um die Vergabe von Ziffernnoten hat eine Vorarlberger Volksschule in letzter Sekunde eingelenkt. Es soll aber weiter protestiert werden. Man sei „wütend“, dass Bildungsminister Faßmann den Dialog verweigert habe.
Lustenau. Bis wenige Stunden vor der gestrigen Zeugnisvergabe wurde diskutiert. Kurz vor Mitternacht lenkte die Volksschule Lustenau-Kirchdorf dann ein. Und stellte all ihren Schülern letztlich eine gesetzeskonforme Schulnachricht aus: eine mit (verschiedenen) Noten.
Vor einigen Wochen hatten die Lehrerinnen der reformpädagogischen Klassen der Schule angekündigt, ihre rund 40 Drittklässler im Halbjahr einheitlich mit „Gut“ zu beurteilen – aus Protest gegen die Abschaffung der Wahlfreiheit bei der Leistungsbeurteilung („Die Presse“ berichtete). Man wollte damit einen Nachdenkprozess in Gang setzen über die verpflichtende Vergabe von Ziffernnoten ab dem Jahreszeugnis der zweiten Klasse – eine Maßnahme, die noch unter Türkis-Blau beschlossen wurde, die aber auch im türkis-grünen Koalitionspakt nicht infrage gestellt wird. In einer Petition sammelten Vorarlberger Eltern mehr als 8000 Unterschriften gegen Ziffernnoten, an einer zweiten Schule wollten die Eltern das Zeugnis nicht in Empfang nehmen.
Zeugnisse werden verschickt
Die Bildungsdirektion stellte für die Schule in Lustenau disziplinarrechtliche Konsequenzen für die Einheitszweier in den Raum. Man müsse darauf pochen, dass korrekte Schulnachrichten ausgestellt würden. Nach tagelangen Diskussionen hieß es von der Schule und den Eltern dann am Donnerstagabend: Es wird ein Ziffernzeugnis geben, wie es das Gesetz verlangt.
Freilich nicht ohne anzukündigen, dass die Proteste weitergehen werden. Am Zeugnistag wurden die Schulnachrichten von Eltern, Kindern und Lehrern kuvertiert und mit einem Protestbrief an Bildungsminister Heinz Faßmann versandt. „Gerechte Noten gibt es nicht“, heißt es darin unter anderem. Zudem wurde an der Schulfassade ein entsprechendes Transparent entrollt. „Es geht jetzt darum, im Gespräch zu bleiben.“
Er stehe weiter hinter seinen Lehrern, sagte Schuldirektor Christoph Wund. „Die sind die Experten für die pädagogische Arbeit.“ Man wolle weiter zur Wahlfreiheit zurück und länger entscheiden können, ob Kinder mit Ziffern benotet oder alternativ beurteilt werden. Er hoffte auf die Unterstützung der Vorarlberger Verantwortlichen. Die Schule zeigte sich gleichzeitig enttäuscht über den bisherigen Verlauf: „Die massiven Sanktionsandrohungen aus der juristischen Landesverwaltung haben uns sehr betroffen gemacht, die Dialogverweigerung der Politik, namentlich von Herrn Bundesminister Heinz Faßmann, wütend.“
Faßmann hatte zuletzt betont, dass es bei der beschlossenen Rückkehr zu den Ziffern bleibe. Aktuell heißt es aus dem Ministerium: Er habe mit der Vorarlberger Bildungslandesrätin gesprochen. „Es bestand Einigkeit, dass alles so bleibt, wie es ist.“ (APA/red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.02.2020)