Monströse Auswirkungen auf die Ökologie. Ein Bild aus dem Burgenland.
Zeichen der Zeit

Mythos „Land“: eine österreichische Lebenslüge

Für die meisten stellt das Ländliche noch immer den Normalfall dar, ursprünglich, echt, rein. Tatsächlich haben wir es in unseren gefühlt ländlichen Räumen längst mit etwas ganz anderem zu tun: mit Suburbanität. Das „Land“, das gibt’s nicht mehr. Eine Berichtigung.

Endlose Sommer. Flirrende Weizenfelder in der Ebene, von Hummeln brummende Futterwiesen im Hügelland. Kirchtürme markieren die Distanzen bei Radtouren, Alleen von Kirschbäumen werfen rhythmische Schatten. Für die einen: das Land als Reminiszenz der Ferien, für die anderen – ein entferntes Zuhause. Der Milchgeruch im Vorhaus, das auffrisierte Moped, die Diskokugel an der Decke der Gaststube. Stapfen im Schnee, nicht nur zur Christmette. Endlose Winter – auch die gibt es auf dem Land.

Die Wahrnehmung des Ländlichen ist grundsätzlich rückwärtsgewandt. Im kollektiven Bewusstsein, geprägt durch die wiederholenden Beschwörungen des Echten und des Reinen in Ständestaat, Nationalsozialismus und Nachkriegsgesellschaft, steht das Land für eine Ausgangssituation, für die Herkunft – eine Rückfallsebene, die es, etwa in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, für viele tatsächlich gewesen ist. Für die Mehrheit stellt das Ländliche noch immer den Normalfall dar, die Regel, die Stadt hingegen die Ausnahme. Abwanderung ist in dieser Vorstellung ein bedauerlicher Vorgang, mit Identitätsverlust und moralischen Risiken behaftet. Mit zunehmender Urbanisierung nimmt die touristische Wahrnehmung des Landes zu, selektiv, die Härten ausblendend und die idyllischen Aspekte zelebrierend.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Wissenschaft

Der Mythos vom besseren Leben auf dem Land

Zwei Wiener Wissenschaftlerinnen erforschen im Gespräch mit drei Generationen ländliche Klischees. Ausgehend von Fotos spüren sie den individuellen Bedeutungen von der Natur als Sehnsuchtsort nach.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.