Am Herd

Gibt es das Wort herumwespen? Eine Spurensuche

Das Verb wepsen hat etwas mit der Wespe zu tun.
Das Verb wepsen hat etwas mit der Wespe zu tun. Bilderbox
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Seit bald zwanzig Jahren sage ich zu den Kindern, sie sollen aufhören herumzuwepsen. Und jetzt behaupten sie: Das Wort gäbe es gar nicht. Eine Spurensuche.

So viel weiß ich immerhin: Das Verb wepsen hat etwas mit der Wespe zu tun. Damit, dass dieses Vieh niemals still steht, dauernd in Bewegung ist und damit die anderen nervös macht. „Weps' nicht herum“, sagte meine Mutter immer zu mir, wenn ich beim Essen zappelte. Und das sagte ich zu meinen Kindern, wenn sie in der Nacht zu mir ins Bett krabbelten und keine Ruhe fanden, dauernd die Lage wechselten und mit den Beinen zuckten: „Hör auf, herumzuwepsen: Ich will schlafen!“

Jetzt sind die Kinder groß und neulich beim Abendessen fragte mich Hannah, wo ich denn bitte dieses Wort aufgegabelt hätte, keiner ihrer Studienkollegen könne damit etwas anfangen, nicht die aus Wien, nicht die aus Linz, und aus dem Burgenland schon gar nicht. „Das kommt aus Tirol“, sagte ich. Da bin ich geboren. „Oder aus Vorarlberg.“ Da bin ich aufgewachsen. „Google kennt es jedenfalls nicht“, rief Marlene und präsentierte triumphierend ihr Handy. Herumwepsen hatte sie eingegeben. Herumhopsen schlug die Suchmaschine vor. „Ach ja“, sagte Hannah: „Wo wir schon dabei sind: Niemand, absolut niemand außer dir und der Großmama spricht Obst mit kurzem o aus!“

Aber was weiß schon Google?
In der Folge fragte ich einen Vorarlberger Kollegen, laut eigenen Aussagen ein Bregenzer mit Erfahrungen in Vorderländisch und Montafonerisch. Er schüttelte den Kopf. Ich fragte den Redaktionstiroler, der konnte mir auch nicht weiterhelfen, aber immerhin weiß ich jetzt, dass im Außerfern über trenzende, also sabbernde Babys gesagt wird, sie bafen, was übrigens vom französischen baver kommt – und das ist doch wirklich eine sehr, sehr hübsche Geschichte.

Kurz begann ich zu überlegen, ob die Kinder nicht vielleicht recht hätten und meine Großmutter, immer für ein paar Sprüche gut, sich das wepsen einfach ausgedacht hatte. Doch dann zog ich ich die Whatsapp-Maturagruppe zurate, und siehe da: Meine beste Freundin aus Schultagen kannte die Formulierung aus Innsbruck, und unser Klassenprimus grub sogar einen alten Artikel aus der „Süddeutschen Zeitung“ aus. Es sei wespert, sage man in Bayern von einem kleinen Kind, das nicht stillhalten könne. Es entspann sich dann noch eine kleine Debatte darüber, ob es der Weps oder die Wepsn heißt.

Wie immer, das Wort gibt es, es stand einmal Schwarz auf Weiß in der Zeitung, ich bin also rehabilitiert, und nicht nur das, ich habe Hoffnung, dass es sich durchzusetzen beginnt: Mittlerweile hat auch Hannahs Freund wepsen in seinen Wortschatz aufgenommen.

Woher meine Familie freilich die Angewohnheit hat, Obst mit kurzem o auszusprechen, weiß ich immer noch nicht.

bettina.eibel-steiner@diepresse.com

www.diepresse.com/amherd

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.02.2020)

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