Leitartikel

Der unsensible Kanzler

Hat man da ans große Ganze gedacht, wenn der Kanzler die Justiz gleich ins Winkerl stellt?
Hat man da ans große Ganze gedacht, wenn der Kanzler die Justiz gleich ins Winkerl stellt?imago images/Metodi Popow
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Es gibt offenbar Momente, da fühlt sich Sebastian Kurz mehr als Parteichef denn als Kanzler. Die Kurz'sche Justizschelte war so einer – auch wenn die Kritik nicht ganz von ungefähr kommt.

Es war kein Hintergrundgespräch mit 40 Leuten, nur zu zweit, und die Bemerkung fiel nebenbei. Ein FPÖ-Politiker beklagte sich, dass sich die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in der Casino-Causa auf die FPÖ einschieße und die ÖVP schone. Man solle sich doch fragen, warum das so sei.

Insofern: Wenn Sebastian Kurz – eine Hausdurchsuchung beim Ex-ÖVP-Finanzminister und bei anderen ÖVP-Granden später – bei einem vertraulichen Hintergrundgespräch über einen Bias der WKStA schimpft und versucht, Journalisten auf das Thema „anzuspitzen“, wie besonders ist das dann?

Nun, es ist doch ein Unterschied. Schon allein, weil Kurz halt Kanzler ist. Als solcher hat er die Macht, Ansagen Taten folgen zu lassen. Eine Reform der Staatsanwaltschaften ist ja in Planung und wurde – explizit zur WKStA – auch im Koalitionspapier angedacht. Wurde also beim Hintergrundgespräch subtil „Kontext“ für das Vorhaben mitgeliefert? Schon möglich. Wobei: Ganz von ungefähr kommen weder Kritik noch Reform. Die WKStA stand zuletzt oft im Rampenlicht und machte dort keine gute Figur. Die Razzia beim BVT war ein Desaster, darüber hinaus ist man in multiple Machtkämpfe (Justizministerium, Soko Ibiza) verstrickt, worüber – ganz ohne Zurufe – ja breit berichtet wurde. Auch der nun wiederentdeckte Aktenvermerk anno 1997, wonach die SPÖ mehr Genossen im Justizsystem unterbringen will, war bereits medial Thema.

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