In der Stadt Enugu leben rund 750.000 Menschen. Ganz Nigeria hat fast 200 Millionen Einwohner.
Nigeria

Die profitablere Art der Entwicklungshilfe

Brot aus dem Mühlviertel, Architektur aus Innsbruck: In Nigeria entsteht mit österreichischer Initiative ein riesiger Gewerbepark, der den Menschen im 200-Millionen-Einwohner-Land Jobs und österreichischen Betrieben Gewinne bringen soll. Das Modell soll Schule machen – und die illegale Migration nach Europa bremsen.

Helmut Gragger gehört zu den Lieblingsbäckern der Wiener Bobos. Mit bio, Handarbeit und Sauerteigbrot aus dem Holzofen hat er längst einen Fixplatz unter Österreichs Spitzenbäckern. Jüngster Streich: Eine Bäckerei mit Bibliothek, die er gemeinsam mit dem früheren Grünen-Politiker Christoph Chorherr am ehemaligen Nordbahnhof führt. Es gibt Zauner-Kipflern, Nussbeugerln und Bio-Handsemmeln – in Spitzenqualität und zu Spitzenpreisen. Aber Gragger kann auch basic – und seine Vision endet nicht an Österreichs Grenze. Sie reicht bis nach Übersee. Vor vier Jahren eröffnete er eine Kleinbäckerei im Senegal. Es folgten Backstuben in Bangkok, im Kongo und in Uganda. Und es sollen noch viel mehr werden. Die nächste wird in Enugu stehen – einer 750.000-Einwohner-Stadt im Süden von Nigeria.

Am Rande von Enugu, auf einem Areal von mehr als 400.000 Quadratmetern, entsteht ein riesiger Business-Park, der, so die Gründer, wegweisend sein soll für die Zukunft der europäischen Migrationspolitik. Die Idee: Österreichische Unternehmen investieren, schaffen Arbeits- und Ausbildungsplätze und tragen so dazu bei, dass die Bevölkerung zu Bildung und Wohlstand kommt. Auf dass sich die vielen Menschen auf der Suche nach einem besseren Leben nicht mehr illegal nach Europa aufmachen – weil es bei ihnen zu Hause immer besser wird. Die Betriebe arbeiten nicht pro bono, sondern mit Gewinnaussicht: „Wir alle wollen dort Geld verdienen“, sagt der Projektleiter Andreas Gebauer. Illegale Migration eindämmen, indem man Fluchtursachen bekämpft, heißt das im Politikjargon, den auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gern bemüht.

„Für junge Leute gibt es in Nigeria kaum Perspektiven. Wer die Möglichkeit hat, verlässt das Land“, sagt Michael Spindelegger. Die Idee für das Projekt kam von ihm. Der ehemalige österreichische Vizekanzler (ÖVP) leitet heute das Internationale Zentrum für die Entwicklung von Migrationspolitik (ICMPD) mit Sitz in Wien. Spindelegger holte Kurz 2011 als Staatssekretär in die Regierung. Bis heute teilen sie das Credo, dass man illegale Migration nur eindämmen kann, indem man die Bedingungen in den Herkunftsländern verbessert. Nun will Spindelegger in Nigeria zeigen, wie das geht. Er stellt sich vor, dass Österreich in der Folge mit weiteren Ländern Afrikas und Asiens Partnerabkommen schließt. Der Deal: Sie nehmen die illegalen Migranten zurück. „Und wir sorgen dafür, dass es in ihrem Land Investitionen gibt und die Leute gar nicht mehr wegwollen“, sagt Spindelegger.

Ein Zukunftsmarkt für Europa. Auch Gragger investiert. Er hat einen Backofen entwickelt, der mit Abfall betrieben wird. In der Regel werde Strom in Afrika aus Diesel generiert. Das könnten sich kleine Anbieter nicht leisten, weshalb der Brotmarkt von immer weniger großen Konzernen beherrscht werde. „Mit unserer Methode können wir viel profitabler produzieren.“ Er bildet Mitarbeiter vor Ort aus, Gewinne sollen in die Expansion und die Schulbildung der Bevölkerung fließen.

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