Die CDU-Vorsitzende will nicht Kanzlerkandidatin der Union bei der nächsten Bundestagswahl werden. Kanzlerschaft und Parteivorsitz gehörten in eine Hand, begründete sie den Schritt.
Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer will nicht Kanzlerkandidatin der Union bei der nächsten Bundestagswahl werden und den CDU-Vorsitz in absehbarer Zeit abgeben. Die Ämtertrennung zwischen Kanzlerschaft und Parteivorsitz sei eine Schwächung der deutschen Christdemokratie, sagte die deutsche Verteidigungsministerin am Montag. Doch gerade jetzt werde eine starke CDU gebraucht.
Der Verzicht auf eine Kanzlerkandidatur und der geplante Rückzug von der Parteispitze seien kein spontaner Beschluss nach den politischen Turbulenzen im Bundesland Thüringen gewesen. "Diese Entscheidung ist seit einer geraumen Zeit in mir gereift und gewachsen", sagte Kramp-Karrenbauer. Die Frage der Kanzlerkandidatur werde auf einem Bundesparteitag getroffen.
Einen Termin für ihren Rücktritt als CDU-Chefin nannte Kramp-Karrenbauer nicht. Sie wolle zunächst die Kür eines Kanzlerkandidaten der Union steuern und empfehle, dem Kandidaten dann auch den Parteivorsitz zu übergeben. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, von der Kramp-Karrenbauer Ende 2018 den Parteivorsitz übernommen hatte, sprach sich dafür aus, dass die 57-Jährige bleiben solle.
Debakel für Kramp-Karrenbauer in Thüringen
Zwar negierte Kramp-Karrenbauer eine Verbindung zur Krise in Thüringen, doch die Ereignisse haben der CDU-Chefin zugesetzt: Mit Unterstützung der rechten AfD und der CDU war vergangene Woche FDP-Politiker Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten des ostdeutschen Bundeslandes gewählt worden. Damit hatte sich die Landespartei über die Forderungen der Bundesparteichefin hinweggesetzt.
Dann gelang es Kramp-Karrenbauer nicht, die Thüringer CDU zu Neuwahlen zu drängen. Die Partei fürchtet um ein Debakel bei Neuwahlen in Thüringen. Vergangene Woche stürzte die einst mit absoluter Mehrheit regierende CDU in der Gunst der Thüringer ab: Sie fiel von schwachen 22 Prozent auf zwölf Prozent.
Die nächste reguläre Bundestagswahl steht in Deutschland erst im Herbst 2021 auf dem Programm. Kramp-Karrenbauer, Merkels Favoritin, hatte sich 2018 im Kampf um den Parteivorsitz gegen Wirtschaftsanwalt Friedrich Merz und Gesundheitsminister Jens Spahn durchgesetzt. Sie war für zwei Jahre gewählt worden, eine Neuwahl des CDU-Vorstandes steht beim Bundesparteitag Ende des heurigen Jahres an. Merkel, die Deutschland seit 2005 regiert, will bei der nächsten Bundestagswahl nicht mehr kandidieren.
Beunruhigung bei SPD, Freude bei AfD
Beim Regierungspartner SPD gibt es nach dem angekündigten Rückzug Kramp-Karrenbauers Befürchtungen wegen eines drohenden Rechtsrucks der Christdemokraten. Außen-Staatsminister Michael Roth, Vorstandsmitglied der Sozialdemokraten, nannte die Entwicklungen in der CDU auf Twitter "beunruhigend". Auch Katja Kipping, Parteichefin der oppositionellen Linken, äußerte die Befürchtung, dass die CDU nun Kurs auf eine Koalition mit der AfD nimmt. "AKKs Verdienst war, dass sie die Abgrenzung der Union nach rechts gehalten und damit die Seele der Union bewahrt hat", sagte Kipping.
AfD-Bundestagsfraktionschef Alexander Gauland begrüßte den Schritt Annegret Kramp-Karrenbauers hingegen und sieht nun Chancen für eine Annäherung der beiden Parteien. "Es ist völlig unsinnig und realitätsfern, auf Dauer nicht mit der AfD zusammen arbeiten zu wollen", erklärte Gauland am Montag in Berlin.
(APA/AFP/Reuters/red.)