Die links-nationalistische Partei verdrängte die Mitte-Rechts-Parteien bei der Wahl von der Spitze. Doch diese geben ihren Anspruch auf Regierungsbildung nicht auf.
In Irland pocht die links-nationalistische Sinn Fein nach ihrem starken Abschneiden bei der Parlamentswahl auf das Recht, eine Regierung zu bilden. Bevorzugen würde sie ein Bündnis mit anderen linken Parteien, sagte die Chefin des ehemaligen politischen Flügels der Untergrundorganisation IRA, Mary Lou McDonald, am Montag in einem Interview mit dem Sender RTE. Aber "natürlich" sei sie auch zu Gesprächen mit den Mitte-Rechts-Parteien Fianna Fail und Fine Gael bereit. Die Parteien haben seit Jahrzehnten abwechselnd Irland regiert, bei der Wahl schnitte sie aber erstmals schwächer als Sinn Fein ab.
Finanzminister Paschal Donohoe von der Fine Gail entgegnete, seine Partei werde mit Sinn Fein nicht zusammenarbeiten, sondern versuchen, mit anderen Parteien sich in eine Position zu bringen, erneut die Regierung zu stellen. "Wir werden sehr relevant sein bei der Bildung der nächsten Regierung." Fianna-Fail-Vize-Parteichef Dara Calleary sagte, von einer Regierung mit Sinn Fein zu sprechen, sei verfrüht. Gesprächen werde sich Fianna Fail aber nicht verweigern.
Sinn Fein punktete mit Wiedervereinigung und Steuerpolitik
Sinn Fein schnitt bei der Parlamentswahl am Samstag mit 24,5 Prozent nach vorläufigen Zahlen am besten ab. Im Vergleich zur Wahl vor vier Jahren verdoppelte sie ihren Stimmenanteil nahezu. Es folgt Fianna Fail mit 22,2 Prozent. Auf Platz drei landete nach der bisherigen Stimmenauszählung die Fine Gael von Ministerpräsident Leo Varadkar mit 20,9 Prozent. Das offizielle Endergebnis wurde frühestens am Montag erwartet. Wegen der ungewissen Lage verbuchte die Börse in Dublin zum Wochenauftakt Verluste.
Sinn Fein hat die Wiedervereinigung Irlands mit dem zu Großbritannien gehörenden Nordirland als wichtigstes Ziel ausgegeben. Vor der Wahl hat die Partei als Bedingung für eine Koalition genannt, dass umgehend ein entsprechendes Referendum vorbereitet werde, das die Regierung in London binnen fünf Jahren abhalten lassen soll. Daneben will Sinn Fein die Steuern für Wohlhabende erhöhen, Mieten einfrieren, und den staatlichen Wohnungsbau fördern.
Damit traf sie den Nerv der Wähler - anders als Varadkar, der den Brexit zum zentralen Thema seines Wahlkampfs machte und damit warb, dass bei den Verhandlungen mit London ein Austrittsabkommen verhandelt wurde, durch das eine harte Grenze zwischen Irland und Nordirland vermieden wird.
(Reuters)