Solar Orbiter

Diese Rätsel soll Europas solare Sonde lösen

„Solar Orbiter“ hat einen „perfekten Start“ hingelegt.
„Solar Orbiter“ hat einen „perfekten Start“ hingelegt.(c) REUTERS (JOSEPH RIMKUS)
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Der Start von Solar Orbiter ist geglückt. Die Mission könnte uns vor einem totalen Blackout bewahren.

Nicht nur Oscar-Fans fieberten dem Montagmorgen entgegen. Während Hollywood jubelte, atmete man anderswo auf, von Florida über Darmstadt bis Graz: Die Sonde der europäischen Raumfahrtagentur ESA, an der auch österreichische Forscher und Firmen beteiligt sind, hat in Cape Canaveral einen „perfekten Start“ hingelegt. „Solar Orbiter“ schwingt sich nun mithilfe der Schwerkraft von Erde und Venus zu einer Sonnenumlaufbahn auf. Ein Hitzeschild aus Titan schützt zehn Instrumente vor Temperaturen von mehreren Hundert Grad. Denn die Sonde soll sich der Sonne auf 42 Millionen Kilometer nähern – rund drei Viertel der mittleren Distanz zur Erde. Kein Rekord, denn die 2018 gestartete Nasa-Sonde Parker rückt an unseren Stern bis auf weit heißere sechs Millionen Kilometer heran.

Aber die beiden Missionen ergänzen einander: Parker kommt bis zum Rand der Korona, der äußeren Sonnenatmosphäre, und soll dort Proben des Plasmas analysieren, eines Gemischs aus elektrisch geladenen Teilchen. Die Schicht setzt sich noch so zusammen wie der Urnebel, aus dem sich das Sonnensystem gebildet hat. Aber Kameras sind dort nicht mehr einsetzbar. Sie wurden in die Minivan-große europäische Sonde gepackt. Viel versprechen sich die Physiker vor allem von Bildern der Pole und ihrer Magnetfelder – der erhoffte Schlüssel für die bisher ungelösten Rätsel der Sonnenaktivität.

Sonnenwind als Schutz und Gefahr

Warum heizt sich die Korona viel stärker auf als die unteren Schichten, die der Sonnenoberfläche näher sind? Wie genau entsteht der Sonnenwind, durch den sich laufend Materie aus der Sonnenatmosphäre ablöst und der sich an den Polen konzentriert? Und wie transportiert dieser Teilchenstrom die Energie, bei Plasma-Eruptionen an der Sonnenoberfläche wie den „koronalen Massenauswürfen“ sogar in enormen Stoßwellen? Das sind Fragen, die nicht nur Astrophysiker brennend interessieren sollten, weil unser Leben auf Erden auch von diesen zentralen Phänomenen abhängt.

Der Sonnenwind und das solare Magnetfeld schaffen eine riesige Blase, die das gesamte Sonnensystem ausfüllt und uns vor kosmischen Strahlen anderer Sterne abschirmt. Zugleich hält das irdische Magnetfeld den größten Teil des Sonnenwindes von der Erde ab. Fällt er stärker aus, führt das zu Polarlichtern. Aber er kann auch richtig gefährlich werden, wenn ein Massenauswurf direkt auf die Erde zielt. Schon ein kleineres solches „Weltraumwetter“ beschädigt Satelliten und stört Rundfunkübertragungen. Im schlimmsten Fall könnte es zu einem globalen Totalausfall der Stromversorgung und aller Computerfunktionen führen.

Die Missionen sollen Wege aufzeigen, dieses Risiko zu reduzieren. Aber vielleicht lässt uns der Sonnenwind künftig auch das Weltall erkunden, wenn wir ihn mithilfe von „Sonnensegeln“ zum Antrieb von Raumfahrzeugen nutzen . . .

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.02.2020)

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