Buwog-Prozess

Das Paradebeispiel eines endlosen Verfahrens

Der Buwog-Prozess, der im Dezember 2017 begonnen hat, ist bereits ins vierte Kalenderjahr gegangen. Im Bild: Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser.
Der Buwog-Prozess, der im Dezember 2017 begonnen hat, ist bereits ins vierte Kalenderjahr gegangen. Im Bild: Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser.(c) APA/HERBERT NEUBAUER / APA-POOL
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Die Beschleunigung von Strafverfahren ist Ziel der Bundesregierung. Ein typischer Anwendungsfall ist das Buwog-Verfahren um Karl-Heinz Grasser. Ebendort ergeben sich nun neue Reibereien rund um die WKStA.

Wien. Anno 2020 läuft im Landesgericht für Strafsachen Wien eine Verhandlung, die das Prädikat „monströs“ wahrlich verdient. Die nackten Zahlen sprechen für sich. So ist der Buwog-Prozess, der im Dezember 2017 begonnen hat, bereits ins vierte Kalenderjahr gegangen. Noch immer geht es um den mutmaßlich durch Korruption unterlegten Verkauf von Wohnbaugesellschaften des Bundes. Und damit um eine Materie, die bereits im Jahr 2000, also vor zwei Jahrzehnten, relevant war.

In diesem Jahr nämlich soll der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser den „Tatplan“ für das spätere Kassieren eines Teils der Verkaufsprovision geschmiedet haben. Abgesehen davon, dass Grasser dies vehement bestreitet, stellt sich die Frage, ob – im Fall einer Verurteilung – der Zweck einer Strafe nach so langer Zeit überhaupt noch erfüllt wird. Soviel steht fest: Bei Ausmessung einer möglichen Haftstrafe wird es aufgrund der langen Verfahrensdauer eine Reduktion geben müssen.

Wer ist schuld daran, dass es so lang dauert? Dass Grasser und seine Mitangeklagten von Anfang an nur auf Verschleppung aus waren, ist nur ein Teil der Wahrheit – sofern man das konsequente Ausschöpfen von Rechtsmitteln, die Beschuldigten nun einmal zustehen, als gezielte Verzögerungstaktik ansieht.

Auch bei den Staatsanwälten gab es personelle Wechsel, die Zeit kosteten. Allein die Ermittlung dauerte sieben Jahre. Gutachter, die im Auftrag der Anklage (also der WKStA) bestellt worden waren, lieferten viel später ab als ausgemacht. Rechtshilfe aus dem Ausland (Beispiel: Liechtenstein) fraß jede Menge Zeit. Muss also die WKStA die Schuld bei sich selbst suchen? Wenn, dann auch nur zu einem Teil. So war es wohl nicht nötig (und wurde im Justizressort hinter vorgehaltener Hand kritisiert), eine Anklage zu schreiben, die epische 825 Seiten aufweist.

Warum fehlen Vermerke?

Wenn nun Kritiker der WKStA meinen, dass deren Performance ausbaufähig sei, so empfiehlt sich ein Blick zurück: Die Causa „Buwog“ ist der Hauptgrund für die Existenz der WKStA. Diese Institution wurde geschaffen, um Korruption qualifiziert zu bekämpfen – eben mit Blick auf das Buwog-Thema.

Dass die WKStA permanent Diskussionen hervorruft, zeigt ein aktuelles Beispiel: Obgleich es laut Strafprozessordnung prinzipiell geboten ist, Amtsvermerke über relevante Vorgänge zu verfassen, findet sich im Gerichtsakt bis heute kein solcher Vermerk über ein Gespräch zwischen dem im Buwog-Prozess mitangeklagten Lobbyisten Peter Hochegger und der WKStA. Dem Treffen voraus ging ein (der „Presse“ vorliegendes) Schreiben von Hocheggers früherem Anwalt an WKStA-Chefin Ilse-Maria Vrabl-Sanda. Später sollte dann der Angeklagte Hochegger als einziger ein Teilgeständnis ablegen.

Auch über ein Kaffeehaus-Treffen des Belastungszeugen Willibald Berner (er war seinerzeit Kabinettschef im Infrastrukturministerium) mit  einem früheren Buwog-Staatsanwalt und mit einem Gutachter gibt es bis heute keinen Amtsvermerk im Gerichtsakt. Proteste der Verteidigung blieben bisher ohne Erfolg.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.02.2020)

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