Verfassungsgerichtshof

Der neue VfGH-Präsident, ein polyglotter Frühaufsteher

Der neue VfGH-Präsident arbeitet am liebsten in der Früh.
Der neue VfGH-Präsident arbeitet am liebsten in der Früh.(c) APA (Hans Punz)
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Christoph Grabenwarter, der neue Präsident des Verfassungsgerichtshofs, spricht drei Fremdsprachen und arbeitet am liebsten in der Früh.

Fast ein Dreivierteljahr lang konnte Christoph Grabenwarter sich schon einfühlen in seinen neuen Job: Nachdem das Ibiza-Video die türkis-blaue Regierung gesprengt hatte und Brigitte Bierlein Anfang Juni Chefin der Expertenregierung geworden war, trat der 53-jährige Steirer interimistisch an Bierleins damalige Stelle als Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs (VfGH). Mit dem heutigen Beschluss der türkis-grünen Bundesregierung wird Grabenwarter definitiv zum Chef des Höchstgerichts.

Grabenwarter ist ein weltgewandter Steirer. Er wurde in Bruck an der Mur geboren, aufgewachsen ist der Sohn eines Notars in Graz. Schon in der Schule interessierte er sich für Fremdsprachen. Heute beherrscht er Französisch, Englisch und Spanisch, und auch in seiner beruflichen Domäne, dem Verfassungsrecht, hat er einen weiteren Horizont als nur den österreichischen. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften und der Handelswissenschaften in Wien und seinem ersten Job als Assistent am Institut für Öffentliches Recht der Universität Wien – unter jenem Professor Günther Winkler, der einst auch Jörg Haider und Peter Kostelka zu seinen Assistenten zählte – ging er nach Straßburg: zur Europäischen Menschenrechtskommission, die später im Gerichtshof für Menschenrechte aufgehen sollte.

Der Menschenrechtsschutz stand fortan im Mittelpunkt seiner wissenschaftlichen Tätigkeit –und seit 2005, als Grabenwarter auf ÖVP-Vorschlag zum Mitglied des VfGH wurde, auch seiner praktischen Arbeit. Die beschränkt sich ebenfalls nicht nur auf Österreich: Grabenwarter ist seit 2006 Mitglied der sogenannten Venedig-Kommission des Europarats, die sich für die Rechtsstaatlichkeit auf dem Kontinent einsetzt und Entwicklungen wie in Polen, wo die Politik es mit der Unabhängigkeit der Justiz nicht so genau nimmt, mit größter Sorge betrachtet.

Der Vielarbeiter und bekennende Frühaufsteher hat auch akademisch eine bewegte Laufbahn hinter sich: Er forschte in Heidelberg am Max-Planck-Institut für Völkerrecht, lehrte in Linz, Bonn und Graz. Seit 2008 ist der Vater zweier Töchter Professor an der Wirtschaftsuniversität Wien: für Öffentliches Recht, Wirtschaftsrecht und Völkerrecht. Seine Frau Alice Grabenwarter ist Notarin im niederöstereichischen Mank (Bezirk Melk).

Die gute Verbindung, die der parteifreie Grabenwarter zur ÖVP unterhält, überdauerte auch die türkise Machtübernahme durch Sebastian Kurz. Im Februar 2018 wurde er, zeitgleich mit dem Aufrücken der seinerzeitigen Vizepräsidentin Brigitte Bierlein zur ersten VfGH-Präsidentin der Geschichte, auf ÖVP-Wunsch stellvertretender Chef des Höchstgerichts. Er führte dort kraft seiner fachlichen Autorität eine gewichtige Stimme. Die muss er in Zukunft eher nach außen richten, denn als Präsident unter den 14 Höchstrichtern (zwölf Mitglieder plus Präsident und Vizepräsident) hat er bei den Abstimmungen in der Regel kein Stimmrecht. Bloß im seltenen Fall einer Stimmengleichheit fällt dem Vorsitzenden das Dirimierungsrecht zu – eine Situation, die jedoch nur in den seltensten Fällen eintritt. Stimmenthaltungen sind nicht vorgesehen, und nur wenn eines der 13 stimmführenden Mitglieder während der Session ausfällt, kann es zum Patt kommen. Ach ja, auch in der Zeit bis zur Ernennung eines neuen Vizepräsidenten/einer Vizepräsidentin: Im Gegensatz zu allen anderen Mitgliedern des Höchstgerichts gibt es für das Präsidium keine Ersatzmitglieder.

Grabenwarter kann sich auf eine lange Zeit an der Spitze des VfGH einstellen: Er ist, nach Walter Antoniolli und Ludwig Adamovich, der bei seiner Bestellung drittjüngste Präsident. Seine Funktion endet erst mit Erreichen der Altersgrenze, wenn Grabenwarter 70 ist.

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