Warnstreiks der Pfleger lenken den Blick auf eine Branche, die auch die türkis-grünen Regierung beschäftigt. Wie lösen wir die Herausforderungen, die das Thema Pflege mit sich bringt? Diskutieren Sie mit!
Sie arbeiten als Tagesmütter, Behindertenbetreuer und Sozialarbeiter. Vor allem aber als Pfleger. Und sie wollen andere Arbeitsbedingungen: Daher sind die Beschäftigten aus dem privaten Pflege-, Gesundheits- und Sozialbereich in den (Warn-)Streik getreten.
Chef der Arbeitgeber ist Volkshilfe-Chef Erich Fenninger. Dieser zeigt viel Verständnis für die Arbeitnehmer, auch bei der Forderung nach einer 35-Stunden-Woche. Es sei daher fast ein Wunder, dass im streikmüden Österreich die Situation eskaliert, meint Wirtschaftsressortleiter Gerhard Hofer. Er sieht dahinter politische Gründe: „Es wird immer augenscheinlicher, dass die KV-Verhandlungen für 120.000 Beschäftige unbedingt scheitern oder zumindest den Boden für eine größere Gerechtigkeitsdebatte bereiten sollen“. Und das sei gefährlich, schreibt Hofer. Denn: „Die Arbeitszeitverkürzung ist nicht nur unfinanzierbar, sie ist ein völlig falsches Signal für einen Beruf, der immer wichtiger wird und dem auch mehr gesellschaftliche Anerkennung zustehen würde."
Dass Pflege ein zentrales Thema ist, hat auch die Regierung erkannt, die es ganz nach oben auf ihre Agenda gesetzt hat. Doch nicht alle haben die Hoffnung, dass die Situation besser wird, so auch Gesundheitsökonom Ernest Pichlbauer. Im Gespräch mit Martin Fritzl sieht er keinen Pflegemangel, aber sehr wohl einen Mangel an guten Arbeitsbedingungen.
Akademisierung der Pflege?
Klaus Schmitt, ärztlicher Direktor der Landesfrauen- und Kinderklinik in Linz, schreibt in einem „Presse"-Gastkommentar: „Nur Stellen vermehren macht das System teurer, aber nicht unbedingt besser.“ Er tritt etwa für eine „Akademisierung der Pflege“ ein, die den Beruf attraktiver machen würden. Außerdem könne man in der Verwaltung viel Aufwand einsparen, ist Schmitt überzeugt.
„Presse"-Gesundheitsexperte Köksal Baltaci rät indes zu einem Wochenende Freiwilligendienst im Pflegeheim. Er spricht sich in einem Leitartikel für mehr Anerkennung für den Beruf aus: „Nach Pflegekräften sollten Straßen und Spitäler benannt werden“. Pfleger sollten außerdem mehr Geld und eine längere Ausbildung erhalten, so Baltaci.
Doch wie kann sich das unsere Gesellschaft, die immer älter wird, leisten? Laut dem Universitätsprofessor Ernst Wolner gibt es eine Schraube, an der wir drehen könnten: Er fordert ein Bewegungsministerium und sieht eine sträfliche Vernachlässigung beim Thema Sport. Denn durch Prävention könnten „enorme Kosten für Gesundheit und Pflege einspart werden“.
(sk)
Diskutieren Sie mit: Steuert die Pflege auf eine große Krise zu? Was muss die Gesellschaft hier leisten? Nehmen wir zu wenig Geld in die Hand? Sind Streiks gerechtfertigt? Und: Welche Erfahrungen haben Sie mit dem Thema Pflege gemacht?