Morgenglosse

Für die Verschrottung bestellt

Die Zerstörung von neuwertigen Waren ist eine Schande für unsere Wohlstandsgesellschaft. Schuld daran sind gesetzliche Vorgaben. Aber auch das Verhalten der Konsumenten.

Wenn es nach der deutschen Umweltministerin Svenja Schulze geht, ist das Problem gelöst. So verabschiedete die deutsche Regierung am Mittwoch ein Gesetz, wonach es Unternehmen künftig bei Strafe untersagt ist, neuwertige Waren zu entsorgen. Dass dies derzeit noch täglich vorkommt, zeigen regelmäßige Berichte von NGOs oder deutschen TV-Stationen, denen entsprechende Videos zugespielt werden. Eine ehemalige Amazon-Mitarbeiterin erklärte in einem Interview dabei, dass sie an manchen Tagen Waren im Wert von mehr als 20.000 Euro zerstört habe. Manchmal mehr als zehn Waschmaschinen hintereinander.

Bei den Produkten handelt es sich entweder um Retourwaren, die aufgrund von Beschädigungen nicht mehr verkauft werden können. Oder um sogenannte Überhangware, also Ladenhüter für die kein Käufer gefunden wurde und die teuren Lagerraum kosten. Die Online-Händler erklären, dass sie natürlich versuchen, so wenig wie möglich zu vernichten. Und das dürfte auch stimmen, schließlich will ein Händler Werte verkaufen und nicht zerstören. Dennoch bleibe ihnen manchmal keine andere Wahl.

Grund dafür ist einerseits das Umsatzsteuergesetz. Das sieht sowohl in Deutschland als auch in Österreich vor, dass Sachspenden umsatzsteuerpflichtig sind. Der Hintergrund ist klar: So sollen Steuer-Umgehungskonstruktionen, bei denen Waren offiziell gespendet werden, verhindert werden. Bei einem Umsatzsteuerbetrug, der europaweit jährlich in die Milliarden geht, ein nachvollziehbares Anliegen. Dennoch sollte hier etwas geändert werden. Denn wenn diese harte Regelung dazu führt, dass es für Online-Händler günstiger ist, Waren in den Müll zu werfen als an Bedürftige zu geben, ist das eine Schande für unsere Wohlstandsgesellschft.

Der zweite Grund für die Menge an neuwertigen Waren, die ungenutzt in der Müllpresse landen, ist aber das Verhalten der Konsumenten selbst. Sie nahmen das Angebot der Online-Riesen, alles kostenlos zurückschicken zu können, freudig an. Bestellt wird oft ohne nachzudenken in mehreren Farben oder verschiedenen Größen. Ist doch egal, das Zurückschicken kostet ja nichts. Doch der Preis dafür wird natürlich bezahlt. Einerseits von den Kunden selbst, denen die Retourkosten auf den Warenwert aufgeschlagen werden. Und von der Umwelt. In Form von unnötigen Transporten und vergeudeten Ressourcen.

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