Der Senat ebnet den Weg für einen Prozess gegen den Lega-Chef wegen Freiheitsberaubung: Er hatte Flüchtlinge nicht an Land gelassen.
Rom. „Die Verteidigung des Vaterlandes ist eine heilige Pflicht. Ich habe mein Vaterland verteidigt, ich erwarte keinen Preis dafür. Und wenn ich mich jetzt dafür vor Gericht verantworten soll, dann sei das so.“ Matteo Salvini, Chef der rechtspopulistischen Lega, machte am Mittwoch den Senat in Rom zur Bühne seines wortgewaltigen Auftrittes. Denn bei der Plenarsitzung hatte die Mehrheit der Senatoren für die Aufhebung der Immunität des früheren Innenministers gestimmt – und den Weg für einen Prozess wegen Freiheitsberaubung geebnet.
Der Hintergrund: Salvini hatte im vergangenen Sommer als Innenminister verboten, dass im Mittelmeer gerettete Flüchtlinge nach Italien gebracht werden. Er ließ Häfen sperren und untersagte den Einwanderern, die Schiffe zu verlassen und italienischen Boden zu betreten. So auch bei den 116 Flüchtlingen an Bord des Schiffes „Gregoretti“ der italienischen Küstenwache. Die Einwanderer mussten tagelang auf dem engen Schiff vor der sizilianischen Küste ausharren, weil der Minster sie nicht an Land ließ. Ärzte, die das Boot besuchten, sprachen von „unmenschlichen Zuständen“, viele Einwanderer litten an Krätze. Ein Gericht im sizilianischen Catania zeigte daraufhin Salvini wegen „Freiheitsberaubung“ an. Bei einer Verurteilung drohen Salvini bis zu 15 Jahre Haft und ein mehrjähriges Verbot, als Politiker aktiv zu sein.
Der Lega-Chef verteidigte seinen harten Kurs stets mit dem Argument, dies diene als Abschreckung für illegale Migranten, die auf Schlepperbooten Europa erreichen wollten. Zudem würden zögerliche EU-Länder dazu bewegt werden, doch Migranten aufzunehmen. Tatsächlich hatte diese „Erpressungsstrategie“ teilweise funktioniert.
„Ich würde es wieder tun“
Der Populist Salvini hatte es zuletzt geschickt geschafft, den Fall Gregoretti – samt möglichem Prozess – zu seinen eigenen Gunsten zu nützen: Er stilisierte sich als „Patriot“, der sich nicht von „linken Netzwerken“ einschüchtern lässt. Er selbst hatte sich für ein Gerichtsverfahren ausgesprochen. Seinen Lega-Abgeordneten hatte er gestern angeordnet, sich der Stimme zu enthalten. „Ich vertraue darauf, dass Italiens Justiz gesund, unabhängig und frei ist“, zeigte er sich kämpferisch. „Ich bin stolz auf das, was ich getan habe. Ich würde es wieder tun.“ (basta)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.02.2020)