Umfrage

Aktien: Interesse wächst, Wissen nicht

Fehlendes Wissen und Angst halten die Österreicher von Aktienkäufen ab.
Fehlendes Wissen und Angst halten die Österreicher von Aktienkäufen ab.imago images/Sven Simon
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Mit dem steilen Anstieg der Börsen erwacht in den Österreichern der Wunsch, Aktien zu besitzen, zeigt eine Umfrage. Doch fehlendes Wissen und Angst halten sie von einem Kauf ab.

Wien. Die Finanzkrise sitzt den Österreichern noch immer in den Knochen. Fast 60 Prozent geben die Angst vor hohen Verlusten durch eine Wirtschaftskrise an als starken oder sehr starken Grund, warum sie keine Aktien haben. Fast die Hälfte fürchtet Betrug, wird nach eigenen Angaben selbst bei kleinen Verlusten nervös oder hat einfach kein Vertrauen in die Aktienmärkte. Das geht aus einer Umfrage von Peter Hajek im Auftrag des Aktienforums hervor.

Doch scheint die Angst allmählich abzuebben. Noch 2016 hatten nur sieben Prozent der Nicht-Wertpapierbesitzer angegeben, Interesse am Kauf von Wertpapieren zu haben. 93 Prozent hatten das dezidiert verneint. Zuletzt zeigte sich ein Viertel an einem Wertpapierkauf interessiert, nur noch 61 Prozent wiesen diesen Gedanken gänzlich von sich, 14 Prozent waren unschlüssig.

Börsen sind heiß gelaufen

In diesen vier Jahren hätte man auf dem Weltaktienmarkt (inklusive Dividenden) sein Vermögen auf Eurobasis um 50 Prozent vermehren können, seit dem Tief nach der Finanzkrise hätte man es verfünffachen können. Ob sich der Erfolg in den nächsten Jahren wiederholt, ist ungewiss. Der Hauptgrund, der die Menschen von Aktienkäufen abhält, ist aber gar nicht die Angst vor einem Crash, sondern das nach eigenen Angaben fehlende Wissen. 70 Prozent geben an, wenig oder sehr wenig zu wissen.

Peter Hajek hat auch getestet, ob das stimmt, also ob Nicht-Wertpapierbesitzer tatsächlich weniger wissen als Wertpapierbesitzer. Dabei zeigt sich: Nicht-Wertpapierbesitzer geben keineswegs mehr Falschantworten, sie sind nur unsicherer. So wissen zwei Drittel der Wertpapierbesitzer und 58 Prozent der Nichtbesitzer, dass bei einem Kredit über 15 Jahre im Allgemeinen höhere monatliche Zahlungen erforderlich sind als bei einem Kredit über 30 Jahre. Doch ist auch der Anteil derer, die das fälschlicherweise verneinen, bei den Wertpapierbesitzern mit 22 Prozent höher als bei den Nicht-Wertpapierbesitzern (18 Prozent). Hingegen geben 24 Prozent der Nichtbesitzer, aber nur elf Prozent der Besitzer zu, dass sie die Antwort nicht wissen.

Auch wissen 81 Prozent der Aktionäre und 70 Prozent der Nichtaktionäre, dass man mit dem Guthaben eines Sparbuchs bei einem Prozent Verzinsung und zwei Prozent Inflationsrate nach einem Jahr weniger kaufen kann als heute. Der Anteil derer, die eine falsche Antwort geben, ist bei beiden Gruppen fast gleich. Doch räumen 15 Prozent der Nichtbesitzer, aber nur vier Prozent der Aktionäre ein, keine Ahnung zu haben.

Ebenso geben 38 Prozent der Nichtbesitzer und nur 13 Prozent der Aktionäre zu, nicht zu wissen, ob die Anlage in Aktien eines einzelnen Unternehmens weniger riskant ist als die in einen Aktienfonds. Hier wissen jedoch 75 Prozent der Wertpapierbesitzer, aber nicht einmal die Hälfte der Nichtbesitzer, dass dem nicht so ist.

Zu einem Aktienkauf überreden ließen sich die Befragten am ehesten, wenn sie eine bessere Rendite als auf dem Sparbuch erhielten und wenn sie mehr als 20.000 Euro auf ihrem Bankkonto hätten. Die Notreserve sollte man nicht in Aktien stecken. Man kann zwar jederzeit verkaufen, aber nicht immer zu einem guten Preis.

Die Befragten würden am ehesten auf den Bankberater hören, gefolgt von guten Freunden und Medien, am wenigsten auf Politiker. Wünsche an die Politik hat man dennoch: Steuerzuckerln und mehr Finanzbildung in den Schulen erreichen unter den Befragten hohe Zustimmungswerte.

Wünsche an die Politik

Das ist Wasser auf die Mühlen von Industriellenvereinigung (IV) und Aktienforum, die auf die neue Regierung hoffen. Immerhin steht im Regierungsprogramm, dass man die Teilhabe am Kapitalmarkt und die Finanzbildung verbessern wolle, die Wiedereinführung der Spekulationsfrist wird angedacht: Dann könnte man Aktien nach einer gewissen Haltedauer steuerfrei verkaufen. IV-Generalsekretär Christoph Neumayer spricht sich für neue Schulbücher und eine bessere Lehrerausbildung aus sowie für Initiativen für Menschen, die nicht mehr in die Schule gehen. Robert Ottel, Präsident des Aktienforums, hofft auf Bürokratieabbau und eine möglichst kurze Spekulationsfrist (ein Jahr, wie früher). Die Entscheidung der Regierung steht aber noch aus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.02.2020)

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