Virus Covid-19

Nach sprunghaftem Anstieg der Coronavirus-Fälle setzt China Provinzchef von Hubei ab

Die meisten Todes- und Infektionsfälle treten weiterhin in Hubei auf.
Die meisten Todes- und Infektionsfälle treten weiterhin in Hubei auf. (c) APA/AFP/STR (STR)
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Die rasante Ausbreitung des Virus hat zu politischen Konsequenzen geführt. Ein neues Diagnoseverfahren ließ die Zahl der bestätigten Infektionen um 14.840 ansteigen - in einem Tag.

Die weiterhin rasante Ausbreitung des Coronavirus führt in China zu einem politischen Köpferollen. Der oberste politische Chef der von der Epidemie besonders hart getroffenen Provinz Hubei wurde abgesetzt, wie die Nachrichtenagentur Xinhua am Donnerstag meldete. Der Sekretär der Kommunistischen Partei für Hubei, Jiang Chaoliang, wurde durch den Bürgermeister von Shanghai, Ying Yong, ersetzt. Er ist ein enger Verbündeter von Staats- und Parteichef Xi Jinping.

Auch der Parteisekretär der Elf-Millionen-Metropole Wuhan, Ma Guoqiang, wird ersetzt. Er hatte in einem national ausgestrahlten Fernsehinterview zugegeben, dass die internationalen und nationalen Auswirkungen des Ausbruchs leichter gewesen wären, wenn schon früher Maßnahmen ergriffen worden wären. Die Behörden in der Coronavirus-Hochburg Hubei hatten Informationen über die Mensch-zu-Mensch-Übertragung des Virus zunächst unterdrückt. Prominentes Opfer der Meinungskontrolle ist Li Wenliang, der 34-jährige Whistleblower-Arzt, der vergangene Woche am Coronavirus starb.

Der geschasste Jiang ist bis jetzt das hochrangigste politische Opfer seit Ausbruch der Lungenkrankheit. Schon Anfang der Woche hatte Peking auf den wachsenden öffentlichen Unmut über den Umgang mit der Gesundheitskrise reagiert: Die Kommunistische Partei entfernte den Parteisekretär und den Direktor der Gesundheitskommission in Hubei und ersetzte sie durch den Leiter der Nationalen Gesundheitskommission.

KP-Führung übt Schadensbegrenzung

Zeitgleich schickte Staats- und Parteichef Xi Jinping einen Vertrauten in die Region: Chen Yixin, Generalsekretär der Zentralen Kommission für politische und rechtliche Angelegenheiten, ein mächtiges Organ der KP, das Chinas Sicherheitsapparat überwacht. Nicht nur, um die Epidemie einzudämmen, auch um der aufkeimenden Empörung gegen die marode Gesundheitsversorgung in der Provinz und die strikte Meinungs- und Medienkontrolle Herr zu werden.

Die KP-Führung übt damit Schadensbegrenzung: Mit einem strikten Vorgehen gegen lokale Verantwortliche will sie verhindern, dass die Epidemie ihren Herrschaftsanspruch gefährdet. Am Mittwoch bekräftigte Xi in einem hochrangigen Parteitreffen, dass „positive Veränderungen“ in der Krise zu sehen seien.

Kurz vor den personellen Rochaden hatten die Behörden in Hubei einen besonders sprunghaften Anstieg der Todesfälle bekannt gegeben. Die Zahl der an den Folgen der Infektion verstorbenen Menschen stieg demnach seit Mittwoch um 242. Dies war der größte Anstieg der Totenzahlen innerhalb eines Tages seit Ausbruch der Epidemie. Die offizielle Gesamtzahl der Todesopfer in Festlandchina wuchs damit auf mindestens 1355.

Viele Infektionen erst nach mehreren Tests bestätigt

Der Gesundheitsausschuss der Provinzregierung teilte ferner mit, dass in Hubei weitere 14.840 Fälle von Ansteckungen mit dem Erreger bestätigt worden seien - in einem Tag. Die offizielle Gesamtzahl der Krankheitsfälle in Festlandchina stieg damit auf fast 60.000. Die allermeisten Todes- und Infektionsfälle treten weiterhin in Hubei auf. Die Behörden haben die Provinz weitgehend von der Außenwelt abgeschottet.

>>> Chinas Gesundheits­system: Das Coronavirus ist nur ein Problem von vielen

Die jüngste besonders deutliche Zunahme der Toten- und Infektionszahlen hängt nach Angaben der Behörden damit zusammen, dass die Mediziner inzwischen die Verfahren zur Diagnose des Virus Covid-19 ausgeweitet haben. Demnach wird mittlerweile nicht nur das Standardverfahren des Nukleinsäure-Tests angewendet, sondern auch sogenannte Bildgebungsverfahren zur Untersuchung der Lunge.

Wie die Zeitung "China Daily" unter Berufung auf chinesische Experten erläuterte, können Ärzte jetzt eine offizielle Diagnose stellen, die auf einer Kombination von Faktoren wie Lungenbildern, dem physischen Zustand und der epidemiologischen Vorgeschichte beruht. Bisher waren demnach nur Tests im Labor dafür maßgeblich. Mit diesem Verfahren waren aber wohl viele Erkrankungen erst nach drei oder vier Tests auch tatsächlich als Covid-19-Infektion erkannt worden.

Generell vermuten Experten eine sehr hohe Dunkelziffer im Land. So sind die Möglichkeiten für Labortests begrenzt. Zudem erscheint das sich wandelnde Berichterstattungssystem Chinas mit unterschiedlichen Definitionen der einzelnen Fälle kompliziert. Die täglich berichteten Zahlen repräsentieren laut Experten somit eher die Fähigkeiten, Fälle zu identifizieren und zu melden, als das wirkliche Ausmaß der Epidemie.

(APA/AFP/dpa/me)

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