Der Papst hat dem Thema Priesterinnen einen Riegel vorgeschoben, auch der Zölibat wird nicht gelockert. Stimmt die Richtung? Diskutieren Sie mit!
Eigentlich war es nicht viel anders zu erwarten, dennoch enttäuschte der Papst viele mit seinem Schreiben zur Amazonas-Synode. „Papst Franziskus schlägt Pflöcke ein“, schreibt Dietmar Neuwirth. Der Zölibat wurde nicht wirklich gelockert. Noch deutlicher ist das Nein zu Diakoninnen oder gar zu Priesterinnen. Der Papst spricht sich gegen eine „Klerikalisierung“ der Frauen aus. „Der Kirchen-Chef kann sich nicht zu jenem Mut durchringen, den er von anderen fordert“, kommentiert Neuwirth. Und er sieht eine Zerrissenheit: „So progressiv der Papst (sozial-)politisch tickt, so konservativ ist er kirchenpolitisch."
In einem Gastkommentar erklärt der Theologe Jan-Heiner Tück, warum er den Text von Franziskus schwach und stark zugleich findet. „Er gibt der Not einer ökologisch bedrängten, wirtschaftlich ausgebeuteten, sozial missachteten Bevölkerung seine Stimme."
Aber ist es das, was die katholische Kirche braucht?
Der Jurist Michael Etlinger stimmt der kirchenpolitisch konservativen Papst-Linie jedenfalls zu. Er wirft Kritikern des Zölibats und des Verbots von Frauenpriestertum vor, die Kirche in einen „basisdemokratischen Beliebigkeitsverein“ ummodeln zu wollen.
Ganz anderer Meinung ist der kirchenkritische Autor Frédéric Martel. Er will herausgefunden haben, dass in Wahrheit jene Prälaten, „die sich am heftigsten dagegen wehren, dass Priester heiraten und Frauen Priesterinnen werden dürfen, oft homosexuell oder homophil sind“. Sie würden daher eben am liebsten unter zölibatären Männern bleiben.
Auch der Jurist und Ökonom Erhard Fürst kann nur wenig mit Etlingers Ansicht anfangen. Er sieht sich ins „tiefste Mittelalter“ zurückversetzt, denn: „Dem durchschnittlichen Katholiken ist der Zölibat relativ egal. Er ist sich bewusst, dass es funktionierende christliche Kirchen mit und ohne Zölibat und – horribile dictu – mit Priesterinnen und ohne gibt."
Leserin Gottburga Bacher schreibt uns, als denkende Frau habe sie sich schon lange von der katholischen Kirche verabschiedet, die Verbindung zu ihr habe sie aber nicht gekappt: „Wenn mehr Kirchenautoritäten die Argumente Erhard Fürsts behirnen würden, wäre die Anhängerschar nicht so jämmerlich geschrumpft.“ Anders sieht es wiederum Leser Felix Mayrhofer. Er meint: „Der Papst hat Mut bewiesen, indem er bei der Tradition blieb.“ (>>> mehr Leserstimmen)
(sk)
Diskutieren Sie mit: Hat die katholische Kirche ein Problem mit Frauen? Würden Reformen etwas an den schrumpfenden Mitgliederzahlen ändern? Oder brauche es mehr Beständigkeit, um nicht zum „Beliebigkeitsverein“ zu werden? Und: Wie halten Sie es mit der Kirche?