„Jedermann“ reloaded

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bdquoJedermannldquo reloaded(c) AP (Kerstin Joensson)
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Für die neue Buhlschaft Birgit Minichmayr ist der „Jedermann“ ein modernes Märchen für Erwachsene in christlichem Gewand. Schauspielchef Thomas Oberender verspricht eine Neuinszenierung.

Vor allem haben Birgit Minichmayr und Nicholas Ofczarek in ihren neuen Rollen als „Buhlschaft“ und „Jedermann“ unheimlich großen Respekt: vor der Hitze am Domplatz. „Bei 50 Grad in der Sonne zu spielen ist nicht ohne“, sagte Ofczarek im Gespräch mit der „Presse“. Seine Buhlschaft hofft gar, dass sie bei den Vorstellungen nicht in Ohnmacht fällt. „Ich bin extrem hitzeempfindlich. Mir wird da richtig schwindlig. Bei einem Dreh in der Sonne bin ich schon mal umgefallen. Vielleicht werde ich mir Ventilatoren unter das Kleid einbauen lassen“, scherzte die Schauspielerin am Freitag auf der Festspielterrasse mit Blick über die Altstadt. Trotz Hitze freuen sich aber beide unheimlich auf das Spiel vor dem Dom und hoffen auf möglichst wenig Regen.

Seit einer Woche laufen die Proben für das Salzburger Traditionsstück, das im heurigen Jubiläumssommer – die Festspiele feiern ihr 90-jähriges Bestehen – einen noch größeren Stellenwert hat als sonst. Schauspielchef Thomas Oberender verspricht eine Neuinszenierung der immerhin schon neun Jahre alten Version von Christian Stückl. „Er fängt mit dem neuen Team wirklich bei null an“, verspricht Oberender „den jüngsten Jedermann, den es je gab“.


Katholisch antiquiert finden Minichmayr und Ofczarek den „Jedermann“ beide nicht. „Für mich ist es ein Märchen für Erwachsene in christlichem Gewand“, sagt die Schauspielerin über das Stück. „Dass der Mensch Gott entdeckt und zum Glauben findet, ist ja nicht unbedingt etwas Katholisches“, meinte Ofczarek: „Wir alle sind irgendwie auf der Suche.“ Bis kurz vor Schluss sei der „Jedermann“ wesentlich größer und umfassender, als Hofmannsthal das gedacht habe. „Erst am Ende macht er einen Schwenk und verengt den großen Gedanken der Suche auf den katholischen Glauben.“ Aber das könne man auch ganz anders spielen. Also kein „Jedermann“, der am Schluss unter Engelschören in den Dom getragen wird? „Lassen Sie sich überraschen.“

Als sie gefragt wurden, ob sie im Sommer im „Jedermann“ spielen wollen, haben beide Schauspieler spontan Ja gesagt. „Es ist eine große, komplexe Rolle mit hoher Fallhöhe“, sagte Ofczarek: „Nennen Sie mir einen Schauspieler, der diese Rolle nicht annehmen würde. Eine tolle Aufgabe, ein unglaublich faszinierender Ort, eine große Tradition.“ Und die Buhlschaft sei eine „kleine, komplexe Rolle mit hoher Fallhöhe“, setzt Minichmayr scherzend über ihren Part nach.

Einig sind sich Minichmayr und Ofczarek, dass sie nicht um jeden Preis alles neu erfinden müssen. „Es ist für mich wie immer. Die Rolle ist am Beginn der Arbeit wie ein weißes Blatt Papier“, sagte die Schauspielerin. Die Aufmerksamkeit, die mit der Buhlschaft in Salzburg verbunden ist, ist bis jetzt nicht so schlimm. Damit, dass die „Jedermann“-Hauptdarsteller in Salzburg besonders in der öffentlichen Wahrnehmung stehen, haben die beiden kein Problem: „Das ist ein öffentlicher Beruf. Wir machen das nicht, um unentdeckt und unerkannt zu bleiben“, meinte Ofczarek. „Und a Gaudi haben wir auch“, pflichtet ihm seine Buhlschaft bei.


Und wie geht es Peter Simonischek, dem neuen Ex-“Jedermann? „Ich habe rechtzeitig aufgehört, das erkenne ich daran, dass ich ein wenig wehmütig bin“, meint Simonischek: „Ich werde mich hüten, Nicholas Ofczarek und Birgit Minichmayr einen Rat zu geben. Die Protagonisten prägen durch ihre Persönlichkeiten die Rollen in diesem Stück.“ Die Zuschauer wissen genau, was sie wollen und sagen beinhart: „Das ist kein Jedermann.“

Wird es ihn in 100 Jahren auch noch geben? Simonischek lacht: „Ja, wenn man bedenkt, wie alt das Stück ist, und noch viel älter ist der ursprüngliche Everyman.“

AUF EINEN BLICK

Birgit Minichmayr (33) wurde u. a. für „Der Weibsteufel“ oder Filme wie „Der Knochenmann“ gefeiert.

Nicholas Ofczarek (39) ist Mitglied des Wiener Burgtheaters (z. B. „König Ottokars Glück und Ende“).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.06.2010)

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