Unterwegs

Brüssels Studentenviertel

Der „Guardian“ kürt Brüssels Studentenviertel zum zweitcoolsten Europas: nicht zu Unrecht.

Wer hat gesagt, Brüssel sei die dreckige kleine Schwester von Paris? Baudelaire? Ich konnte den Urheber dieser oft zu hörenden Beschimpfung nicht finden; je länger ich hier lebe, desto falscher finde ich sie. Die urbanistischen Grausamkeiten der „Brüsselisierung“ der 1950er- bis 1990er-Jahre, als ganze Viertel der sogenannten „Stadtentwicklung“ zum Opfer fielen, sind natürlich vielerorts unübersehbar. Doch heute pflegen die Brüsseler ihr architektonisches Erbe, und ein vor wenigen Jahren geschlossener Finanzausgleich mit Flandern und der Wallonie sorgt dafür, dass die Stadtoberen endlich das Geld haben, um Brüssel zu renovieren.

Und immer wieder entdeckt man neue Schönheiten: Erst neulich verschlug es mich auf dem Weg von der Gare Centrale zum Büroturm Madou in die Rue de l'Enseignement im Stadtzentrum, eine Gegend, in die ich sonst nie komme, die ich aber fortan angesichts ihrer charmanten Bistros und Plätze künftig öfter aufsuchen möchte. Eine andere Ecke Brüssels, die ziemlich im Aufwind ist, erfuhr dieser Tage den Ritterschlag des britischen „Guardian“: das Universitätsviertel. Zu Recht: ich bin zwar aus dem Studentenalter schon heraußen, doch nach den Spielen unseres Fußballklubs im nahen Stade Communale d'Ixelles zieht es meine Kameraden und mich immer wieder hierher, der Elektrolyte und taktischen Nachbesprechung wegen. Der Umbau der enormen Kaserne von Etterbeek nebenan zu Wohnungen und Ateliers dürfte das Viertel bis Jahresende zusätzlich aufwerten. Diese Art von Brüsselisierung sei gelobt!

oliver.grimm@diepresse.com

Nächste Woche: Timo Völker

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.02.2020)

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