Konzerthaus

Ein Engel und eine Frau, die das Herz ihres Liebhabers isst

Begeisterung für die schaurig-schöne Oper „Written on Skin“ mit dem Komponisten George Benjamin am Dirigentenpult.

Adelmus von Otranto: So hieß jener Miniaturenmaler in Umberto Ecos „Name der Rose“, der sich verbotener fleischlicher Lust hingegeben hatte und sein Leben bei einem rätselhaften Fenstersturz lassen musste. Sein Zunftkollege, der mysteriöse Buchillustrator in „Written on Skin“, bekommt hingegen keinen Namen, sondern heißt in seiner menschlichen Existenz schlicht „The Boy“ – dabei ist er eigentlich ein Engel. Weil ihn seine Kunst zu einem solchen macht? Ein reicher Despot („The Protector“) engagiert ihn, weil er sein Leben und seine Taten zwischen Buchdeckeln verherrlicht sehen möchte. Prompt gehen seine unterdrückte Frau Agnès und der Buchmaler eine Liebesbeziehung ein. Das Ende ist tödlich. Der Betrogene tötet den Konkurrenten und reicht seiner nichts ahnenden Frau dessen Herz zum Verzehr. Als sie das begreift, stürzt sie sich aus dem Fenster ...

Eine Handlung, die sich per Zeitreise ins Mittelalter zurückbegibt, zwischen einer brutalen Realität und einer entrückten, übersinnlichen Ebene vermittelt: Das könnte auch in einer aktuellen Streaming-Serie auftauchen, in der die zugrunde liegende provenzalische Legende mit aktuellen Elementen aus Horror, Fantasy und Science-Fiction verquickt wird. Doch als Oper funktioniert das Ganze vielleicht noch besser: So dürfen die vielen, teilweise widerstreitenden Anspielungen in ihrer ganzen Rätselhaftigkeit stehen bleiben, weil die Musik den Zusammenhalt besorgt.

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