Etliche Länder wollen ihre Staatsbürger vom Kreuzfahrtschiff Diamond Princess vor Japan holen. Rund 300 US-Amerikaner müssen nach ihrer Rückkehr erneut in Quarantäne.
Yokohama/Washington/Wien. Zwei Wochen lang mussten die rund 3400 Passagiere an Bord des Kreuzfahrtschiffs Diamond Princess in ihren Kabinen verbringen. Am Montag konnten zwar mehr als 300 US-Amerikaner das Schiff verlassen und zurück in ihre Heimat fliegen. Doch nach Hause dürfen die Urlauber weitere 14 Tage nicht. Sie müssen in den Militärbasen Travis in Kalifornien sowie in San Antonio in Texas in Quarantäne bleiben. Erst wenn Entwarnung gegeben werden kann, dass sich keiner der Passagiere mit dem Coronavirus angesteckt hat, endet die Albtraum-Reise tatsächlich.
„Es fühlt sich an wie eine Gefängnisstrafe für ein Verbrechen, das ich nicht begangen habe“, sagte ein Passagierin zum TV-Sender CNN. „Wir werden grundlos als Geiseln genommen.“
Ganz ohne Grund müssen die Passagiere der Diamond Princess jedoch nicht in Quarantäne bleiben: 14 jener Amerikaner, die am Montag aus Japan ausgeflogen worden waren, ohne dass sie zu diesem Zeitpunkt Symptome einer Coronavirus-Infektion (wie etwa Fieber, Husten, Schnupfen) gezeigt hatten, erkrankten im Lauf des Zwölf-Stunden-Fluges. Sie wurden direkt in abgeriegelte Krankenhäuser gebracht.
Krankenwagen-Kolonnen
Seit 3. Februar liegt die Diamond Princess im Hafen der japanischen Stadt Yokohama vor Anker. Ein Gast aus Hongkong war im Jänner nach Verlassen des Schiffs positiv auf das Coronavirus getestet worden. Bei mindestens 400 Passagieren wurde eine Infektion nachgewiesen, wie das japanische Gesundheitsministerium mitteilte – die größte Gruppe an Coronavirus-Patienten außerhalb Chinas. Bis Sonntag wurden laut Japans Behörden 1219 Passagiere getestet. Wegen Material- und Personalmangels konnten bisher nicht alle Menschen überprüft werden. Neuinfizierte wurden vom Schiff geholt, eine Kolonne Krankenwagen wartete im Hafen, Sanitäter nahmen die Erkrankten in Schutzanzügen in Empfang und brachten sie in Krankenhäuser. Die Passagiere auf der Diamond Princess stammen aus rund 50 Ländern. Auch Hongkong, Kanada, Australien, Israel und Italien haben angekündigt, ihre Staatsangehörigen dort in Sicherheit bringen zu wollen. Gegenwärtig befinden sich noch immer knapp 3000 Menschen auf dem Kreuzfahrtschiff. Österreicher waren bei der Asien-Kreuzfahrt keine dabei.
Zeit totschlagen in der Kabine
Für die an Bord verbliebenen Passagiere heißt es noch immer warten – bei steigenden Zahlen an Neuinfektionen: Die 14-tägige Inkubationszeit geht für sie am Mittwoch zu Ende. Sie bekamen Gesichtsmasken und Thermometer ausgehändigt und wurden aufgefordert, täglich ihre Körpertemperatur zu messen. Erhöhte Temperatur ist dem Personal zu melden. Auf sozialen Medien konnte man verfolgen, wie die eingesperrten Passagiere versuchten, sich die Zeit zu vertreiben: Fitnessübungen in den kleinen Kabinen, Fernsehen, Zeitunglesen. Ihre Versorgung stellte die Betreiber des Kreuzfahrtschiffs vor Probleme. Japans Militär hilft dabei. Besonders schwierig ist die Situation für die Crew des Schiffs. Via Facebook baten etwa die indischen Angestellten des Luxusliners um Rückholung durch ihre Regierung.
Alarm auch auf Westerdam
Für Schlagzeilen sorgte ein weiteres Kreuzfahrtschiff: die Westerdam. Nach tagelanger Irrfahrt war dem Schiff vergangenen Donnerstag von Kambodscha die Erlaubnis erteilt worden, in den Hafen Sihanoukville einzulaufen. Damals gab es auf dem Schiff keine Infektionen. Nun ist aber eine Passagierin, eine 83-jährige US-Bürgerin, erkrankt. Viele der Reisenden haben mittlerweile aber bereits die Rückreise in ihre Länder angetreten. Die Behörden suchen jetzt nach anderen Fahrgästen. (zoe)
FAKTEN
In China ist die Zahl der Todesfälle aufgrund des neuen Coronavirus (2019-nCoV bzw. Covid-19) auf mindestens 1770 gestiegen, außerhalb von Festlandchina starben bisher fünf Menschen. Die Zahl der Infektionen liegt in China bei mehr als 70.500, weltweit wurden zudem rund 800 weitere Fälle gemeldet – die meisten davon auf dem Kreuzfahrtschiff Diamond Princess.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.02.2020)