Kollektivvertragsverhandlungen

Sozialwirtschaft: Keine Arbeitszeitverkürzung, aber neue Streiks

SOZIALWIRTSCHAFT: STREIK VOR DEM SOZIALMINISTERIUM
SOZIALWIRTSCHAFT: STREIK VOR DEM SOZIALMINISTERIUMAPA/HELMUT FOHRINGER
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Die sechste Runde der Kollektivvertragsverhandlungen wurde am Montagabend erfolglos beendet. Die Arbeitgeber lehnten eine Arbeitszeitverkürzung ab. Bis zum nächsten Termin wird gestreikt.

Am Montag trafen Vertreter der Arbeitnehmer und Arbeitgeber der Sozialwirtschaft zum sechsten Mal aufeinander, um den Kollektivvertrag zu verhandeln und anzupassen. Allerdings erfolglos: Am Abend gaben beide Seiten bekannt, die Runde ohne Ergebnis beendet zu haben. Das nächste Treffen findet am 2. März statt. Bis dahin kündigte die Gewerkschaft allerdings schon neue Streiks an.

Beide Seiten nannten am Montag die Vorschläge des jeweils anderen „inakzeptabel“. Der größte Stolperstein war die Forderung für den Bereich der stationären Pflege. Die Arbeitnehmer hätten gerne eine 35-Stunden-Woche für die gesamte Branche. Die Arbeitgebervertreter lehnen aber eine Arbeitszeitverkürzung ab, vor allem bei der Pflege.

"Wir sind enttäuscht, weil wir unsere Forderung laut und klar gesagt haben", resümierte Eva Scherz, Verhandlerin für die Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA-djp), die Verhandlungsrunde. Die Arbeitgeber hätten aber so getan, "als hätten sie unsere Forderung zum ersten Mal gehört". Deswegen wurden die Verhandlungen unterbrochen, die Warnstreiks sollen nun ausgeweitet werden. "Wir streben nach einem guten Abschluss, aber wir fürchten auch nicht die Konfrontation."

Pflege: Arbeitszeitverkürzung gefordert

Die Arbeitnehmer hätten den Arbeitgebern der Sozialwirtschaft Österreich (SWÖ) eine Etappenlösung vorgeschlagen, berichtete Michaela Guglberger, Chefverhandlerin für die Gewerkschaft vida, aus den Beratungen. Und zwar aufgeteilt auf vier Jahre: ein Jahr Lohnerhöhung, ein weiteres Jahr Arbeitszeitverkürzung plus Inflationsabgeltung, im dritten Jahr wieder eine Lohnerhöhung, im vierten noch eine Arbeitszeitverkürzung plus Inflationsabgeltung. "Aber auch dazu kam ein klares Nein, speziell für den Bereich der stationären Pflege", sagte Guglberger.

Walter Marschitz, Verhandler aufseiten der Sozialwirtschaft Österreich (SWÖ), war vom Beharren der Gewerkschaft auf der einzigen Forderung nach einer 35-Stunden-Woche nicht begeistert. "Natürlich freut uns das nicht", sagte er nach den langen Verhandlungen. Aber jeder Verhandlungspartner habe eine Linie, das sei zu akzeptieren, sagte er. Ein Gegenangebot für eine Lohnerhöhung über 2,7 Prozent für 2020 und 2021 sei nicht angenommen worden. 

Das größte Problem ist auch für ihn der Bereich der stationären Pflege, weil eine Arbeitszeitverkürzung vor allem dort den Personalmangel verschärfen würde. In Sachen 35-Stunden-Woche sieht er kaum ein Weiterkommen. "Wir reden seit vier Jahren aufeinander ein und treten dabei ein bisschen auf der Stelle", so Marschitz.

Arbeitgeberseite optimistisch für den 2. März

Hoffnungslos ist die Situation für ihn allerdings nicht. "Mir fallen viele Dinge ein, viele Ideen", sprach Marschitz mögliche Kompromissvorschläge für die nächste Verhandlungsrunde an. "Aber die Ideen brauchen halt immer Zustimmung", sagte er und zeigte sich optimistisch für 2. März, da auf beiden Seiten noch Raum für Bewegung sei.

Der Ton in den Verhandlungen werde nun "ein bisschen rauer", erzählte Gewerkschafterin Guglberger am Montagabend. Den Vorwurf der Arbeitgeber, die Branche schlechtzureden, ließ sie nicht auf sich sitzen. "Es ist eine schwere, aber auch eine sehr schöne Branche", verteidigte sie ihre Zunft. In Sachen Einigung zeigte sie sich zwar nicht gerade überschwänglich, sagte aber: "Es kann dann auch schnell gehen!"

Streiks ausgeweitet - nach dem Fasching

In die kommenden Streiks werden neue Betriebe und noch mehr Menschen einsteigen, kündigte Michaela Guglberger, Chefverhandlerin für die Gewerkschaft vida, nach der Unterbrechung der Verhandlungen an. "Wir werden sicher keine Betreuungsaufgaben vernachlässigen", sagte sie, aber eventuell würden in der Betreuung auch einmal die Angehörigen zum Handkuss kommen. Der Fasching solle weder Kindern noch Menschen in Pflegeheimen verdorben werden, daher finden die Streiks erst danach statt.

(APA/red. )

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