Gastbeitrag

Österreich wieder größer machen

Die Republik sollte sich auf ihre Stärken besinnen und gegen die Aufweichung des Menschen- und Völkerrechts eintreten.

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Vor wenigen Tagen hat US-Präsident Donald Trump, der polternde Wahlkämpfer, seinen Truppen den Einsatz von Landminen wieder erlaubt. Es war nur eine kurze Meldung in den Medien, aber diese Entscheidung steht stellvertretend für eine Art, Politik zu machen, die es für einen schnellen innenpolitischen Erfolg in Kauf nimmt, Grundsätze der Menschlichkeit zu missachten und mit einem Handstreich vom Tisch zu wischen. Das ist eine gefährliche Entwicklung, der sich auch die österreichische Regierung entgegenstellen sollte.

Minen zählen zu den grausamsten Waffen, sie haben in der Vergangenheit unzählige Menschen verstümmelt – und töten noch Jahrzehnte nach einem Krieg unschuldige Zivilisten, etwa Bauern bei der Feldarbeit oder spielende Kinder. Deshalb sind Antipersonenminen auch in über 160 Staaten der Welt verboten und völkerrechtlich weitgehend geächtet, weil sie gegen die Grundsätze des humanitären Völkerrechts verstoßen. Österreichische Juristen haben am Verbotsvertrag von Ottawa maßgeblich mitgearbeitet. Jetzt wäre es an der Zeit, sich daran zu erinnern und auch in anderen Bereichen an die österreichische Tradition anzuknüpfen, in wichtigen Bereichen der Außenpolitik aktiv Akzente zu setzen. Beim Verbot von Atomwaffen war und ist es so. Seit Kurzem setzt sich Außenminister Alexander Schallenberg auch für die Kontrolle von Killerrobotern ein, damit das Töten im Krieg nicht Maschinen überlassen werden muss. Das ist lobenswert, es braucht ein Rückbesinnen auf alte Werte und Tugenden, um international wieder mehr an Profil zu gewinnen.

Insgesamt stünde es Österreich gut an, sich neben solchen Schwerpunkten auch darauf zu besinnen, die Hilfe vor Ort – wie von der neuen Regierung angekündigt – endlich zu verstärken. Soll heißen: Mehr Geld für Entwicklungszusammenarbeit auszugeben, den Auslandskatastrophenfonds von 15 auf 60 Millionen Euro aufzustocken und parallel dazu einen neuen Fonds zur Katastrophenvorsorge in derselben Größenordnung zu schaffen. Der Klimawandel und die steigenden humanitären Notlagen machen es nötig. Sich bloß abzuschotten wird nicht reichen, um die Themen Entwicklung und Migration nachhaltig anzugehen.

Dabei ist es nicht egal, wie hoch der Auslandskatastrophenfonds dotiert ist, weil jeder Euro einen spürbaren Unterschied macht. In Syrien, wo Österreich ebenfalls geholfen hat, kann eine Familie mit 45 Euro drei Monate lang mit Essen versorgt werden. 25 Euro: So viel kostet ein Hygieneset. Dann haben Eltern und Kinder wieder Seife, Spülmittel, Shampoo, Kämme und Zahnbürsten. Zwei Millionen Euro bedeuten in dem vom Krieg gebeutelten Land Nahrung, Wasser und medizinische Versorgung für 400.000 Menschen.

Humanität nicht entsorgen

Wir leben in turbulenten Zeiten – und vieles wird sich ändern. Die internationale Gemeinschaft hat begonnen, das Verhältnis zwischen der globalisierten Wirtschaft, den Nationalstaaten und übernationalen Regelwerken neu auszuloten. Ein schwieriger Prozess mit offenem Ausgang. Nur eines darf dabei nicht passieren: Dass Populisten, die aus taktischem Kalkül ausschließlich dem Nationalstaat huldigen, die Humanität aus Gründen falsch verstandener Staatsräson gleich mit entsorgen, weil Menschlichkeit irgendwie zu kompliziert und zu wenig opportun geworden ist. Ich halte es mit Hannah Arendt: Wehret den Anfängen. Weil es um Menschenleben geht. Und weil es unsere Welt ist, und nicht die von machtgierigen Politikern.

Der Autor

Univ.-Prof. Dr. Dr. Gerald Schöpfer, langjähriger Vorstand des Instituts für Wirtschafts-, Sozial- und Unternehmensgeschichte an der Karl-Franzens-Universität Graz, seit 2013 Präsident des Österreichischen Roten Kreuzes.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2020)

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