Click & Collect

Abholboxen, Pakethotels, Drive-ins

(C) IKEA
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Online zu ordern und die Bestellung im Geschäft oder einem Depot selbst abzuholen kann unter Umständen nachhaltiger sein, als sich zu Hause beliefern zu lassen.

Die letzte Meile, also der Transport von Waren zur Haustür des Kunden, ist für Logistiker nach wie vor eine große Herausforderung. Nach Angaben der IT- und Logistikberatung Vallée und Partner bildet die letzte Meile ohnehin den größten Kostenfaktor bei Paketsendungen – hier können mehr als 50 Prozent der gesamten Transportkosten anfallen. Nur wenn die Sendungen gut gebündelt werden, sind möglichst kurze und effiziente Touren, und somit niedrige Zustellkosten, möglich. Knackpunkt dabei sind die Kunden: Muss der Paketdienst die Sendung wieder mitnehmen, weil die Kunden bei der Zustellung nicht daheim sind, verursacht das wiederum Kosten.

Abholen ohne Wartezeit

Um die Zustellung zu optimieren und die Servicequalität zu erhöhen, setzen mittlerweile immer mehr Händler auf die Verquickung von Online- und stationärem Handel, und zwar in Form von Click & Collect. Ausgewählt und bestellt wird online, geliefert wird – meist versandkostenfrei – in eine Filiale oder das stationäre Geschäft. Dort können Kunden ihre Bestellungen nicht nur abholen, sondern auch umtauschen, retournieren und vielfach bezahlen. Und natürlich gegebenenfalls probieren. Letzteres mache das System daher besonders interessant für Schuhe, Textilien und Sportgeräte , sagt Sebastian Kummer, Vorstand des Instituts für Transportwirtschaft und Logistik der WU Wien. Lebensmittelhändler könnten damit ebenfalls bei ihren Kunden punkten, ist er überzeugt.

Das sieht auch Billa so: Die Supermarktkette bietet Click & Collect mittlerweile in mehr als 100 Filialen österreichweit an. „Dieser Service bietet Kunden eine flexible Zeiteinteilung und Zeitersparnis: Die Lebensmittel werden von Mitarbeitern verpackt und vorbereitet, auch das Anstehen an der Kasse entfällt“, erklärt Paul Pöttschacher, Pressesprecher der Rewe International AG. Eine weitere Variante der Abholung biete der Billa Drive-in bei der Filiale Perfektastraße in Wien. „Hier fährt der Kunde mit dem Auto vor, und die vorbestellten Einkäufe werden zur vereinbarten Uhrzeit beziehungsweise im vereinbarten Zeitfenster direkt in den Kofferraum geladen“, sagt Pöttschacher.

Der schwedische Möbelriese Ikea ist ebenfalls auf diesen Zug aufgesprungen: Seit Mitte Dezember können Kunden ihre Onlinebestellungen rund um die Uhr aus Abholboxen im Logistikzentrum in Wien Strebersdorf abholen. „Wir sind auf dem Weg zu einem Multichannelanbieter“, sagt Ikea-Sprecherin Barbara Riedl. Die Abholstation sei eben einer dieser Touchpoints. Diese gibt es nicht nur in Wien: Vielmehr können Bestellungen auch bei verschiedenen Logistikpartnern, etwa in Linz, Oberwart, Oberwang, Feldkirch und Villach, abgeholt werden.

Click & Collect kann aber nicht nur ein Baustein für mehr Kundenzufriedenheit sein, sondern unter Umständen auch der Umwelt Gutes tun. „In Städten ist das zumindest dann der Fall, wenn die Bestellung mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Fahrrad abgeholt wird“, sagt Kummer. Anders in ländlichen Gebieten: „Dort sind die positiven Auswirkungen auf die Umwelt viel größer – selbst wenn Bestellungen mit dem Auto abgeholt werden“, betont Kummer. Denn häufig würde das auf dem Weg von und zur Arbeit oder zum Einkauf passieren. „Selten wird eigens dafür das Auto gestartet“, sagt der Logistikexperte, der davon ausgeht, dass es in Zukunft eine Vielzahl von unterschiedlichen Lieferformen geben werde.

Doch nicht nur im Hinblick auf Verkehr, Lärm und Treibhausgasemissionen kann Click & Collect nachhaltig sein. Sind die Lieferungen gebündelt, fällt auch deutlich weniger Verpackungsmaterial und somit Müll an als bei Einzelzustellungen. Gleiches gelte für Retoursendungen, so Kummer, der Lieferboxen – unabhängig von der Nachhaltigkeit – als „extrem effizient“ bezeichnet.

Marktlücke genutzt

Click & Collect ist dabei nicht nur auf Händler beschränkt: Ein originelles Konzept, „Pakethotel“ genannt, hat etwa das Franchise-Netzwerk Mail Boxes Etc. (MBE) entwickelt. Es wurde speziell für Onlinekunden konzipiert, die besonderen Wert auf eine sichere Empfangs- und Aufbewahrungsadresse legen. Buchungen sind in verschiedenen Varianten möglich: vom „Einzelzimmer“ über das „Mehrbettzimmer“ (für mehrere Privatpersonen) bis hin zur „Business-Suite“ (für Firmenkunden). Ein weiterer Vorteil: Rücksendungen können vor Ort unabhängig von den einzelnen Paketdiensten getätigt werden. Das erste Pakethotel Österreichs wurde im Mai des Vorjahres in Eisenstadt eröffnet, mittlerweile gibt es Standorte in weiteren Bundesländern.

Das Citylogistik-Start-up Qool Collect geht noch einen Schritt weiter: In mittlerweile fünf Abholstationen in München können bestellte Lebensmittel bis zur Abholung kühl gelagert werden, außerdem in Umkleidekabinen online georderte Bekleidung probiert – und natürlich auch zurückgeschickt.

HOHER ZUSPRUCH

Das Interesse der Kunden an Click & Collect ist groß, wie eine 2019 in Deutschland vom Bundesverband E-Commerce und Versandhandel und Creditreform Boniversum durchgeführte Umfrage zeigt: Demnach haben 60 Prozent der Befragten Click & Collect bereits einmal genutzt. Die wichtigsten Gründe, Bestellungen im stationären Handel abzuholen, waren Einsparung von Versandkosten (55 Prozent), Flexibilität bei der Abholung der bestellten Ware (48 Prozent) sowie kostenlose Retoure im Geschäft (34 Prozent) und die Möglichkeit, die Abholung mit anderen Einkäufen „vor Ort“ zu verbinden (34 Prozent).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2020)

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