Im April eröffnet Amazon sein neues Paketzentrum in Wien. Mitten in die Vorbereitung platzt die Finanzpolizei: Sie vermutet „gewerbsmäßige Schwarzarbeit“ bei Amazon-Lieferpartnern.
Wien. Wenn heute Ihr Amazon-Paket ein wenig später ankommt, zeigen Sie Nachsicht mit dem Onlinekonzern. Der Dienstag war ein wenig ungewöhnlich für das Unternehmen in Österreich. Was mit einer Werksführung für die „Presse“ beim Amazon-Paketzentrum in Großebersdorf begonnen hat, endete in einer Großrazzia der heimischen Finanzpolizei beim amerikanischen Onlinehändler.
Eben noch erklärt der Standort-Leiter Peter Klein die Feinheiten der Lagerhalle und des Amazon-eigenen Logistiksystems. Er zeigt, wie die vielen weißen Lieferwagen der Partnerfirmen in präzise geplanten Wellen aufs Gelände gelassen werden, damit sie sich ihren Teil der 50.000 Pakete abholen, die von Amazon jeden Tag in Wien ausgeliefert werden – da klopfen plötzlich 63 Mann der Finanzpolizei an der Türe. Ein paar hektische Minuten später steht das perfekt aufeinander abgestimmte Räderwerk still.
Ziel der Operation ist aber nicht Amazon selbst, sondern Dutzende an Sub-Unternehmen, die die Lieferung der Amazon-Pakete tatsächlich übernehmen. Bei ihnen vermutet das Finanzministerium „gewerbsmäßige Schwarzarbeit“, sagt ein Sprecher auf Anfrage. Die meisten der 500 Fahrer seien offiziell nur geringfügig angestellt. Mit den abkassierten Fahrerlisten will die Finanzpolizei das Gegenteil beweisen und Betrügern das Handwerk legen. Jeder einzelne Bus, jeder einzelne Fahrer wird kontrolliert. Einige der Unternehmen haben zusammen Steuerschulden von rund 385.000 Euro angehäuft. Das Amazon-Management vor Ort ist betont kooperativ und freundlich – aber unangenehm ist die Sache schon.