Champions League

Warum Atalanta Bergamo derzeit Italiens besten Fußball spielt

Atalantas Kicker im Höhenflug.
Atalantas Kicker im Höhenflug.(c) APA/AFP/SERGEI SUPINSKY
  • Drucken

Unter den 16 verbliebenen Mannschaften im Achtelfinale ist Atalanta Bergamo der einzige Außenseiter. Die Truppe von Coach Gian Piero Gasperini hat aus ihren bitteren ersten Erfahrungen auf Topniveau gelernt.

Mailand. Am Anfang war eine bittere Erkenntnis. Der Fußball, der in Italien Erfolg versprechen mag, taugt international wenig. Atalanta Bergamo hatte sich als Dritter der Serie A für die Champions League qualifiziert, doch dort setzt es erst einmal drei Niederlagen in Folge. Manchester City fegte gleich 5:1 über die Italiener hinweg.

Mit aggressivem Pressing, schnellem Umschalten, einstudierten Laufwegen und den Einzelaktionen von Dribbelkünstlern wie dem Argentinier Alejandro Gómez hatt Atalanta die heimische Liga aufgemischt. Nur haben die Gegner auf Europas Topebene dieses Konzept selbst längst perfektioniert – und trugen es nun mit viel höherer Intensität und in einem ganz anderen Tempo vor.

Aber Atalanta passte sich an und schaffte das Kunststück, als erst zweite Mannschaft in der Geschichte der Champions League nach drei Niederlagen zum Auftakt der Gruppenphase noch in das Achtelfinale aufzusteigen. Dort ist man nun der einzig verbliebene Außenseiter im Konzert der Großen. Am Mittwoch empfängt Bergamo im Hinspiel den FC Valencia (21 Uhr, live, Sky).

Seit Atalanta 2011 in die Serie A zurückgekehrt ist, ging es stetig nach oben. Vierter Platz in der Saison 2016/17, Europa-League-Teilnahme 2017/18, dann im Vorjahr der Sprung in die Königsklasse. Nicht das große Mailand mit den Topklubs Inter und Milan, auch nicht das nahe Brescia, wo Mario Balotelli für Schlagzeilen sorgt, sondern die 120.000-Einwohner-Stadt am Rand der Alpen mit ihrer venezianischen Stadtmauer (Unesco-Welterbe) gab nun den Ton in der Lombardei an.

Kantersieg über Milan

Dass sich die Mannschaft inzwischen an das internationale Niveau angepasst hat, zeigt auch in der Liga positive Effekte. In der Serie A liegt Atalanta nicht nur auf Platz vier, sondern zelebriert auch den aktuell spektakulärsten Fußball. Keine Mannschaft hat mehr Tore erzielt (63 Treffer in 24 Partien), der AC Milan und Parma wurden jeweils 5:0, Torino gar 7:0 abgefertigt. Vor dem Duell mit Valencia ist man vier Partien ungeschlagen.

Erfolgscoach Gian Piero Gasperini, 62, erklärt den Höhenflug damit, dass sich sein Kader seit zwei Jahren kaum verändert hat. Hinzu kommt eine der wohl besten Nachwuchsakademien Europas. Die Talenteschmiede Bergamos wurde auch schon mit Barcelonas La Masia oder der Ajax-Amsterdam-Akademie verglichen, zahlreiche nationale Meistertitel haben Atalantas Junioren eingespielt. Trotz der Philosophie, ein Ausbildungsklub zu sein, setzt Klubbesitzer Antonio Percassi, 66, mittlerweile alles daran, die besten Spieler zu halten. „Wo die Millionen nicht genügen, siegen die Ideen. Atalanta ist Ausdruck eines Fußballs, der Freude macht“, schrieb „Corriere dello Sport“.

Dass noch nicht alles bei Atalanta bereit ist für das große internationale Geschäft, zeigt die Tatsache, dass Champions-League-Achtelfinalgegner Valencia am Mittwoch im 60 Kilometer entfernten Mailänder Giuseppe-Meazza-Stadion empfangen wird. Die Heimstätte in Bergamo ist dafür nicht geeignet, aktuell wird das Stadion erweitert. Es sind die nächsten Schritte, um sich in Europa zu etablieren. Bis dahin bleibt der einzige Titel die Coppa Italia 1962/63. (joe)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2020)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.